Wochenblatt-Leser Paul W. in B. besitzt einen kleinen Hof mit 0,5 ha Weide. Darüber hinaus hat er 4 ha Grünland gepachtet. Diese nutzt er zur Heugewinnung. Das Heu verkauft ich. Ob der Hof in der Höfeordnung ist, weiß er nicht. Er ist 63 Jahre alt und hat vier Kinder. Den Hof möchte er in nächster Zeit an seine zwei Söhne überschreiben, wobei er sich ein Nießbrauchsrecht vorbehalten will. Wie sollte er vorgehen?
Hubertus Schmitte, Rechtsanwalt, WLV, nimmt Stellung: Nach § 1 Höfeordnung kann eine landwirtschaftliche Besitzung in NRW ein Hof im Sinne der Höfeordnung sein, wenn der Wirtschaftswert (Teil des Einheitswerts) mindestens 10 000 € ausmacht. Eine Besitzung, die einen Wirtschaftswert von weniger als 10 000 €, mindestens aber von 5000 € hat, ist nur dann ein Hof im Sinne der Höfeordnung, wenn Sie als Eigentümer dies erklären und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird.
Einheitswertbescheid prüfen
Daher prüfen Sie bitte im Einheitswertbescheid, ob der Wirtschaftswert höher als 5000 € ist. Da Ihr Hof nur eine Grünlandfläche von 0,5 ha hat, gehen wir davon aus, dass Ihr Hof kein Hof im Sinne der Höfeordnung ist. Liegt der Wirtschaftswert zwischen 5000 und 10 000 €, müssen Sie prüfen, ob im Grundbuch der Hofvermerk eingetragen ist. Nur wenn das der Fall ist, handelt es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung. Läge der Wirtschaftswert doch über 10 000 €, wäre der Hof auch ohne Hofvermerk ein Hof im Sinne der Höfeordnung, es sei denn, es liegt eine Erklärung vor, dass es gerade kein Hof im Sinne der Höfeordnung sein soll. Bitte prüfen Sie dies nach.
Höfeordnung: Nur ein Erbe
Sollte es sich um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handeln, können Sie das Eigentum nicht auf die zwei Söhne übertragen, denn die Höfeordnung sieht vor, dass ein Hof im Alleineigentum einer einzigen natürlichen Person steht bzw. im alleinigen Eigentum von Eheleuten. Wollen Sie also, dass Ihre zwei Söhne den Hof gemeinschaftlich betreiben, so müssten Sie den Hofvermerk löschen.
Ist das der Fall, können Sie das Eigentum auf diese zwei Söhne übertragen. Sie sind dann gemeinschaftlich Miteigentümer. Auch können Sie sich das Nießbrauchsrecht vorbehalten, das bedeutet, dass Sie zeitlebens die Erträge des Hofes weiternutzen, insbesondere den Hof auch selbst verpachten könnten. Nur das Eigentum wäre nicht mehr bei Ihnen.
Pflichtteilsergänzungsansprüche
In Bezug auf Ihre Ehefrau und Ihre weiteren Kinder hat die Übertragung des Eigentums an Ihrem Besitz zur Folge, dass – sobald Sie sterben – diese Personen möglicherweise sog. „Pflichtteilsergänzungsansprüche“ haben. Das bedeutet, dass fiktiv zur Ermittlung der erbrechtlichen Ansprüche Ihrer Ehefrau und dieser Kinder so getan wird, als sei der Hof noch in Ihrem Nachlass. Es ist der Verkehrswert des Hofes abzüglich latenter Einkommensteuern zu ermitteln. Das hat zur Folge, dass Ihre Söhne möglicherweise an die zwei Geschwister (und eventuell an Ihre Ehefrau) Pflichtteilszahlungen erbringen müssen, denn die beiden haben aus dem väterlichen Vermögen ja eine erhebliche Zuwendung erhalten.
Ansprüche sinken nach Übertragung
Bei dem vorgenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch gibt es die Besonderheit, dass für jedes volle Jahr, welches zwischen der Übertragung des Eigentums an diese beiden Söhne und Ihrem Tod liegt, die Höhe des Pflichtteilsanspruch um 10 % absinkt. Diese Sonderregelung gilt aber nicht in dem Fall, dass Sie sich das Nießbrauchsrecht vorbehalten. Die Frist läuft dann nicht an.
Alle an einen Tisch
Wollen Sie eine familienverträgliche einvernehmliche Regelung schaffen, sollten Sie einen notariellen Vertrag schließen, an dem Ihre Söhne wie auch die übrigen Kinder und Ihre Ehefrau beteiligt sind. Es sollte bereits jetzt über die Abfindung der Kinder verhandelt werden, die den Hof nicht erhalten. Diese Kinder sollten in dem Vertrag erklären, dass sie auf weitergehende Ansprüche verzichten. Dann besteht Rechtsklarheit.
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(Folge 30-2023)