Selbstverständlich können Sie Ihren Sohn aus erster Ehe enterben, also nicht bedenken. Doch es bleibt der Pflichtteilsanspruch Ihres Sohnes. Nach § 2333 BGB können Sie einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn etwa das Kind Ihnen, Ihrem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling nach dem Leben trachtete, wenn es sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine solche Person schuldig machte oder wenn das Kind die Ihnen gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzte. Das aber ist die Ausnahme.
Folglich müssen Sie davon ausgehen, dass Ihr Sohn pflichtteilsberechtigt ist. Der Anspruch bezieht sich auf den Nachlass, der noch vorhanden ist, wenn Sie versterben. Daher ist es eine naheliegende Überlegung, dass Sie sich von Ihrem Vermögen (teilweise) trennen. So reduzieren Sie den Pflichtteilsanspruch.
Um hier Missbrauch zu begegnen, hat der Gesetzgeber in § 2325 BGB den Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen geschaffen. Wird Vermögen verschenkt, wird bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs fiktiv so getan, als sei das Vermögen noch vorhanden. Dabei gilt eine Zehn-Jahres-Grenze: Sind zwischen Schenkung und Tod mehr als zehn Jahre verstrichen, wird die Schenkung beim fiktiven Nachlass nicht mehr berücksichtigt. Und auch in der Zeit dazwischen gilt eine Privilegierung: Der Wertansatz schmilzt jedes Jahr um 10 %, sodass beispielsweise nach Ablauf von fünf Jahren zwischen Schenkung und Tod der Wert des verschenkten Gegenstandes nur noch mit 50 % angesetzt wird.
Sie wollen das Wohnhaus an die zwei Kinder verkaufen. Auch ein Verkauf kann eine „verkappte Schenkung“ darstellen, nämlich wenn der Kaufpreis unnatürlich niedrig ist. Sie denken an einen Verkauf auf Rentenbasis. Zeitlebens sollen die Mieteinnahmen an Sie fallen. Ihre Kinder werden Eigentümer, sollen finanziell aber nicht belastet werden.
Auch dies kann eine Schenkung sein! Stellen Sie sich vor, Sie leben nur noch wenige Jahre, dann ist die Gegenleistung Ihrer Kinder deutlich unter dem wirklichen Wert des Objektes. Umgekehrt: Leben Sie sehr lange, haben Ihre Kinder das Objekt teuer erworben.
Folglich wird sich erst bei Ihrem Tod zeigen, ob es wirklich ein Verkauf oder eine teilweise Schenkung war. Dann hat Ihr Sohn bezogen auf diesen Schenkungsanteil Pflichtteilsergänzungsansprüche, falls die Übertragung noch nicht länger als zehn Jahre her war.
Wollen Sie dies verhindern, müssten Sie einen bestimmten „Mindestpreis“ vereinbaren, der in jedem Fall gezahlt werden muss. Insofern jedoch gilt: Der Mindestpreis, der bei Ihrem Tod noch im Nachlass vorhanden ist, wird dem Pflichtteilsanspruch Ihres Sohnes unterworfen.
Fazit: Ihr Modell kann funktionieren, muss aber nicht. Ihr Sohn aus erster Ehe wird ganz leer ausgehen, wenn die Zehn-Jahres-Frist bei Ihrem Tod verstrichen ist.