Wochenblatt-Leserin Laura N. fragt: Ich (42) bin Riester-Sparerin, habe drei kleine Kinder, für die ich Riester-Zulagen beantragen kann. Mein Gehalt beläuft sich in diesem Jahr nach einer kräftigen Gehaltssteigerung auf 50.000 €. Sollte ich bis Ende des Jahres meinen Riester-Beitrag aufstocken, um die Förderungen für 2023 mitzunehmen? Oder soll ich den Vertrag besser kündigen, um die unvorteilhafte Verrentung zu vermeiden?
Prof. Dr. Hartmut Walz, Hochschule Ludwigshafen am Rhein, antwortet: Zwei extreme Optionen: Riestersparen ist bürokratisch, hat Haken und Ösen und ist nicht einfach zu verstehen. Sie sollten vorab bedenken, dass die von Ihnen genannten Handlungsalternativen – nämlich Aufstockung einerseits und Kündigung andererseits – die zwei extremsten Vorgehensweisen sind. Ohne Kinder wäre die Empfehlung gegen das Riestersparen – also Kündigung – leider eindeutig auszusprechen.
Option „Weiterführen“: Zwischen den beiden Extremen liegen jedoch noch die beitragsfreie Weiterführung sowie die Weiterführung mit möglichst geringen eigenen Sparleistungen und die Beantragung der Kinderzulage. Es ist zwar ein Armutszeugnis, dass unabhängige Experten den Bürgern das Abgreifen der Riesterförderung mit möglichst geringen Eigenbeiträgen anraten müssen. Jedoch führen die gesetzlichen Spielregeln sowie die hohen Kosten der Versicherer leider klar zu dieser Empfehlung.
Beispielrechnung, drei Kinder, Zulage: Also nachfolgend die Berechnung der möglichst geringen eigenen Sparleistungen: Da ich Sie nicht individuell beraten darf, hier eine abstrakte Beispielrechnung: Ausgangspunkt ist das rentenversicherungspflichtige Bruttoeinkommen des Vorjahres – und nicht des laufenden Jahres.
Betrug das Vorjahreseinkommen etwa 40.000 €, ergibt sich bei der geforderten Mindestsparquote von 4 % ein Wert von 1600 €. Hiervon dürfen Sie die Riester-Grundzulage von 175 € abziehen, sodass ein Zwischenergebnis von 1425 € bleibt. Angenommen, Ihr ältestes Kind ist vor 2008 geboren, dürfen Sie Ihren Eigenbeitrag um dessen Förderung in Höhe von 185 € reduzieren, sodass Ihre Eigenleistung auf 1240 € sinkt. Ihre beiden ab 2008 geborenen Kinder werden mit jeweils 300 € gefördert, sodass Ihr Eigenbeitrag nun um weitere 600 €, also auf nur noch 640 € sinkt.
Nur vorteilhaft mit Kinderförderung
Wie Sie an der Berechnung unschwer erkennen, wird Ihr Vertrag nur durch die Kinderförderung für Sie vorteilhaft. Würden Sie weniger Eigenbeitrag als die 640 € erbringen, wird die Riesterförderung entsprechend linear/proportional gekürzt. Wenn Sie jedoch mehr einzahlen, erhalten Sie hierfür keine weitere Riesterförderung und ohne diese ist Riestersparen sehr unvorteilhaft. Also sollten Sie zusätzliche Altersvorsorgeleistungen nicht in den Riestervertrag einzahlen. Da – abgesehen von der Förderquote bei drei Kindern – das Riestersparen sich wegen zwei negativen Faktoren nicht lohnt.
Was an Riester kritisch ist - Negativpunkt eins: Dies sind die Kosten bei Riesterverträgen von im Schnitt rund 26 % und in der Spitze bis zu 38 % der Gesamtsparleistung. Das sind unangemessen hohe Kosten, mit denen sich die Finanzdienstleister ein zu großes Stück Kuchen der Riesterförderung abzweigen.
Negativpunkt zwei: Dies ist der Zwang, dass Sie von dem angesparten Altersvermögen 70 % lebenslang verrenten lassen müssen und dabei nur eine enttäuschend kleine Rente erhalten werden. Sie müssten also extrem alt werden, damit die Riesterrente vorteilhaft wird. Daher sollten Sie nur so wenig wie möglich Eigenbeitrag erbringen, um gerade die maximale Förderung einzustreichen und keine darüber hinausgehenden Einzahlungen in Riesterverträge leisten.
Wenn die Kinderzulage wegfällt
Wegen dieser Mängel ist die Riesterrente völlig zu Recht bei Experten, Verbraucherschützern und auch vielen Politikern in der Kritik. Und das Ende der Riesterrente wird vielerorts gefordert und ist absehbar. Spätestens wenn keines Ihrer Kinder mehr im Riestervertrag zulagenberechtigt ist (ab 18. bzw. 25. Lebensjahr), sondern Sie nur die Grundzulage erhalten, sollten Sie den Riestervertrag beitragsfrei stellen, das heißt, zusätzliche Altersvorsorgeleistungen nur noch in anderen Formen ansparen, bei denen die Kosten nur noch einen Bruchteil betragen und Sie keinem Verrentungszwang unterliegen.
Beitragsfrei stellen - nicht kündigen: Selbst nach dem Wegfall der Kinderzulagen sollten Sie den Riestervertrag aber nicht kündigen, sondern die hohen Kosten tapfer weiter tragen. Denn im Falle der Kündigung müssen Sie alle erhaltenen Zulagen zurückzahlen (vergleiche Wochenblatt-Ausgabe 15/2023).
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(Folge 50-2023)