Wochenblatt-Leserin Elisabeth F. fragt: Wenn ich eine Direktversicherung mit Entgeltumwandlung über meinen Arbeitgeber abschließe, erhalte ich bei einer Eigenleistung von 50 € einen monatlichen Vorsorgebeitrag von angeblich 120 €. Ist dieses Angebot wirklich ein Vorsorge-Schnäppchen oder wo ist der Haken?
Prof. Dr. Hartmut Walz, Hochschule Ludwigshafen am Rhein, rät: Tatsächlich ist so ein Vorsorge-Angebot überhaupt kein Schnäppchen. Sondern es hat einige Haken.
- Es fängt an bei der Rechnung: Diese geht davon aus, dass Sie einen Steuersatz von 30 % haben und zusätzlich Sozialabgaben in Höhe von 20 % tragen, und dass Sie etwa 100 € Ihres Bruttogehalts für den Vorsorgevertrag einsetzen. Da Sie bei der Direktversicherung mit Entgeltumwandlung für diese 100 € heute weder Steuern noch Sozialabgaben abführen müssen, sinkt Ihr aktuell verfügbares Nettoeinkommen nicht um 100, sondern nur um 50 € (20 € wegen Sozialabgaben, 30 € wegen Steuern). Nun nimmt man an, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen noch 20 % auf Ihre Brutto-Entgeltumwandlung von 100 € hinzugibt, sodass Sie 120 € monatlich einzahlen können. Und schon ist das 120-zu-50-Verhältnis perfekt.
- Gesetzlich ist Ihr Arbeitgeber nicht verpflichtet, Ihre Entgeltumwandlung mit 20 % zu bezuschussen. Früher hatte er überhaupt keine Zuschusspflicht, seit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz im Jahr 2022 beträgt die gesetzliche Pflicht 15 % und die meisten Arbeitgeber bezahlen nur diesen Prozentwert.
- Die 15 % gesetzlicher Arbeitgeberzuschuss entsprechen grob dem Arbeitgeberanteil zu Ihrer Sozialversicherung, also dem, was Ihr Arbeitgeber zu Ihrem Bruttolohn noch für die gesetzliche Rentenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung beisteuern müsste. Es ist also keine wirkliche Zusatzleistung.
- Wenn der Arbeitgeber weniger in die gesetzlichen Versicherungen einbezahlt, sinkt auch Ihr Anspruch daraus. Insbesondere bei der gesetzlichen Rente erhalten Sie erheblich weniger, da weniger einbezahlt wurde. Und im Krankheitsfalle merken Sie es an einem kleineren Krankengeld. Dies gilt ebenso auch für Ihre Arbeitnehmerbeiträge. Das bedeutet, dass etwa Ihre gesetzliche Rente zusätzlich auch dadurch sinkt, dass Sie in der Erwerbsphase 20 € monatlich „gespart“ haben.
Beiträge zur Krankenkasse aus der Betriebsrente
- Zwar haben Sie in der Sparphase auf die umgewandelten 100 € keine Krankenversicherungsbeiträge (KV) bezahlt. Aber dafür zahlen Sie später in der Rentenphase KV-Beiträge aus Ihrer Betriebsrente. Und zwar nicht nur Ihre Arbeitnehmer-, sondern auch die Arbeitgeberbeiträge, denn als Rentner haben Sie keinen Arbeitgeber mehr – also zahlen Sie beide Anteile.
- Die monatlichen 30 € Steuern aus der obigen Rechnung sind lediglich eine Verlagerung Ihrer Steuerlast. Ihre Rente aus der Direktversicherung wird nämlich ab der ersten Auszahlung besteuert und nachdem Ihre gesetzliche Rente bis zu Ihrem Renteneintritt ebenfalls voll steuerpflichtig sein wird, sollte Ihr Steuersatz kaum unter 30 % liegen.
- Die Vorstellung, dass der Betrag von 120 € monatlich voll in Ihre Altersvorsorge fließt, stimmt nicht. Vorher gehen noch eine Reihe von Kosten für Abschluss, Vertrieb, Verwaltung und je nach Vertragstyp auch unterschiedliche Kapitalanlagekosten ab.
- Es gibt noch einige weitere Haken: Was passiert bei Arbeitgeberwechsel und wer trägt die Kosten für eine Vertragsumschreibung? Wie hoch sind die Rentenfaktoren und welche weiteren Kosten fallen in der Rentenphase an? Unterschreiben Sie im Zweifel nicht. Lassen Sie sich von Menschen beraten, die Ihnen nicht irgendetwas verkaufen wollen.
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(Folge 26-2023)