Beim Bau der Stromleitung in den 1960er-Jahren gab es ein Planfeststellungsverfahren. Damals wurde zugunsten des Leitungsunternehmens eine Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Sie gab dem Unternehmen das Recht, über Ihre Grundstücke Strom in einem bestimmten Schutzstreifen zu transportieren und die dafür erforderlichen Bauwerke zu errichten.
Eine solche Dienstbarkeit (§§ 1090, 1092 BGB) ist zeitlich nicht befristet. Folglich darf das Unternehmen die Freileitung jetzt erneuern. Anspruch auf eine Entschädigung haben Sie nicht.
„Fair“ ist diese Regelung nicht, erst recht, wenn es sich um alte Leitungen handelt, die damals mit Pfennigbeträgen entschädigt wurden. Daher hat der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) mit dem Unternehmen Amprion bereits vor Jahren vereinbart, dass bei gänzlichem Neubau einer Stromtrasse neu entschädigt wird, auch wenn Dienstbarkeiten im Grundbuch eingetragen sind. Sie sollten daher gegenüber Ihrem Unternehmen darauf hinweisen, dass der Neubau zu einer erheblichen zeitlichen Verlängerung des Leitungsrechts im Grundbuch führt. Deshalb würde es der Fairness entsprechen, Sie erneut zu entschädigen.
Ein Rechtsanspruch besteht allerdings nicht. Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 13. März 2013 (Az. 4 U 184/12) entschieden, dass selbst der Ersatz einer 220-kV-Leitung durch eine 380-kV-Leitung im Rahmen einer vorhandenen Dienstbarkeit möglich ist, wenn der Stromtransport gestiegen ist.
Anders verhält es sich, wenn das Unternehmen den Schutzstreifen verbreitern will. Dann haben Sie für diesen Bereich Anspruch auf Entschädigung. Er wird heute in der Praxis mit 20 % des aktuellen Bodenverkehrswertes bemessen.
Wird der Strommast erneuert, steht Ihnen dafür unseres Erachtens eine neue Entschädigung zu. Denn nach den Bestimmungen des Enteignungs- und Entschädigungsgesetzes NRW (§ 11) in Verbindung mit den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes steht Ihnen für Vermögensnachteile im Zusammenhang mit einer Enteignung eine Entschädigung zu, die eine Wertminderung vollständig ausgleichen soll. Dazu gehören die Flurschadensentschädigung sowie der Aufwand, der durch das Umfahren der Masten entsteht. Wird ein neuer Mast gebaut, sind die Ertragsverluste und der Umfahrungsaufwand erneut zu entschädigen.