Wochenblatt-Leser Werner T. in U. hat 12 ha Weihnachtsbäume. Ihm scheint, Sonderkulturen werden bei der neuen Grundsteuer besonders hoch bewertet. Der Bewertungsfaktor für Weihnachtsbäume liegt bei 19,40 € pro Ar.
Dipl.-Ing. Klaus Müller, Amtlicher Landwirtschaftlicher Sachverständiger, Warendorf, nimmt Stellung: Die Bewertungsfaktoren für den Anbau von Weihnachtsbäumen und anderen Sonderkulturen erscheinen recht hoch. Doch um die zukünftige Höhe der Grundsteuer zu beurteilen, reicht ein Blick allein auf die Bewertungsfaktoren nicht aus. Die Bewertung basiert nämlich auf den durchschnittlichen Ertragsverhältnissen der BMEL-Testbetriebe. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ermittelt den Bewertungsfaktor. Dieser spielt eine Rolle, um den Reinertrag (Fläche x Bewertungsfaktor) zu ermitteln. Hierbei wird ein Durchschnitt aus den letzten zehn Wirtschaftsjahren gebildet. So wird gewährleistet, dass die nachhaltige Ertragsfähigkeit des Bodens berücksichtigt ist.
Grundsteuer wird dreistufig ermittelt
Die Höhe der Grundsteuer wiederum wird heute und zukünftig in einem dreistufigen Verfahren ermittelt.
Im ersten Schritt stellt die Finanzverwaltung den Grundsteuerwert und den Grundsteuermess-betrag des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse am 1. Januar 2022 fest. Hierzu haben Sie bereits dem Finanzamt Ihre Eigentumsflächen und deren Nutzung erklärt („Grundsteuererklärung“).
Im zweiten Schritt wird dieser Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl von 0,55 ‰ multipliziert. Das Ergebnis ist der Grundsteuermessbetrag für Ihren Betrieb. Bei der Einheitsbewertung wird aktuell eine rund elfmal höhere Steuermesszahl, nämlich 6 ‰, für die Berechnung des Grundsteuermessbetrages angesetzt.
Im dritten Schritt – und der ist letztendlich der entscheidende – wird von der Gemeinde auf den Grundsteuermessbetrag der durch die Kommune festgesetzte Hebesatz angewendet. So wird die Grundsteuer ab 1. Januar 2025 berechnet: Grundsteuerwert x Messzahl x Hebesatz.
Grundsteuerwertverfahren
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bewertungsfaktoren für Sonderkulturen recht hoch. Aber das greift zu kurz. Denn im Zuge der Grundsteuerreform ändert sich dasBewertungsverfahren. Bis31. Dezember 2024 giltdas „vergleichende Verfahren“ (Einheitsbewertung) und ab 1. Januar 2025 das „standardisierte Verfahren“ (Grundsteuerwertverfahren).
Schaut man sich die Bewertung am Beispiel von Weihnachtsbaumkulturen und die sich daraus ergebenden Grundsteuermessbeträge an, ergibt sich folgendes Bild: Grundlage für die Einheitsbewertung (alt) ist der Ausgangswert für die Weihnachtbaumkultur von 3240 DM. Soweit die Baumerlöse höher als 1,40 DM/Baum sind, ist hieran ein Zuschlag von 10 % anzubringen. Des Weiteren werden Zu- und Abschläge für eine abweichende Grundsteuerbelastung vorgenommen. Weihnachtsbaumkulturen werden überwiegend mit einem Vergleichswert von 3564 DM/ha bewertet. Unter Berücksichtigung der Steuermesszahl (6 ‰,) ergibt sich ein Grundsteuermessbetrag von 10,93 €/ha.
Im Grundsteuerwertverfahren liegt dieser nach Anwendung des Bewertungsfaktors von 19,40 €/Ar, dem Kapitalisierungsfaktor von 18,6 % und der Steuermesszahl von 0,55 ‰ bei 19,85 €/ha.
Fazit
Die Antwort auf Ihre Frage, ob der Weihnachtsbaumanbau im Grundsteuerwertverfahren zu höheren Grundsteuermessbeträgen führt, lautet eindeutig ja. Dabei ist aber bei objektiver Betrachtung noch Folgendes zu beachten: Mit den neuen Werten werden die seit 60 Jahren angewendeten Vergleichswerte aktualisiert. Unter Berücksichtigung des züchterischen Fortschritts, der daraus folgenden Ertragszuwächse aber auch der Optimierung der Anbaumethoden und vielem anderen mehr, ist die maßvolle Erhöhung der Grundsteuer auch im Verhältnis zu anderen Vermögensarten realitätsgerecht und durchaus gerechtfertigt.
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(Folge 9-2024)