Wochenblatt-Leserin Julia D. in G. fragt: Mein Mann und ich wollen Geld zum Rentenaufbau in ETFs anlegen, um das eingezahlte Geld auch später wieder ausgezahlt zu bekommen. Gleichzeitig möchten wir Steuern einsparen. Wie und wo können wir unser Geld anlegen? Was müssen wir beachten?
Prof. Dr. Hartmut Walz, Hochschule Ludwigshafen am Rhein, nimmt Stellung: Mit Ihrer Überlegung, sich Ihre Altersrente durch selbstständiges ETF-Sparen aufzubessern, liegen Sie goldrichtig. Doch sollten Sie nicht primär an die Steuern denken, sondern vor allem an das Renditepotenzial unterschiedlicher Anlageklassen, die Kosten und mögliche Risiken.
Das Renditepotenzial
Selbst zum Zeitpunkt Ihres Renteneintritts kann ein guter Teil Ihrer Reserven für Sie renditebringend weiterarbeiten. Jedoch sollten Sie zur Minderung von Kursrisiken mit wachsendem Alter mit höheren Anteilen in Anlagen wie Anleihen oder Festgeld gehen. Dabei müssen Sie in Kauf nehmen, dass diese relativ wenig Rendite bringen.
Aktien-ETF am rentabelsten
Liegt Ihre Rente noch in weiter Ferne – zum Beispiel zehn Jahre oder mehr –, dürfen Sie sich bei den ETFs auf Aktien-ETFs konzentrieren, da Aktien die rentabelste Anlageklasse sind und Sie mögliche Kursschwankungen aussitzen können. Für eine gute Risikostreuung wählen Sie idealerweise ein preiswertes Produkt auf einen möglichst breit streuenden Index, beispielsweise den FTSE All-World-Index oder den MSCI All Country World-Index. Dies sind Indizes, die im Gegensatz zum simplen MSCI World-Index neben den Aktien von Industrieländern auch solche von Schwellenländern enthalten.
Die Kosten
Mit der Vorentscheidung für Aktien-ETFs haben Sie schon die Produktgruppe mit den günstigsten Kosten ausgewählt. Jedoch gibt es auch bei den Aktien-ETFs noch Kostenunterschiede, die Sie aber bequem an der Gesamtkostenquote (kurz: TER) erkennen können, die in den Anlageinformationen zu finden sind. Aus Kostensicht wichtig ist, dass Sie sich keine teuren Konstruktionen rund um Ihre ETFs aufschwatzen lassen, also keine ETF-Dachfonds und keine ETF-Fondspolice (kein ETF-Sparen im Versicherungsmantel). Womit wir bei den (angeblichen) Steuervorteilen wären.
Risiken und (angebliche) Steuervorteile
So lange Ihre Kapitaleinkünfte als Paar unter 2000 € liegen, bleiben diese steuerfrei. Somit legen Sie die ersten 70 000 € einfach in ausschüttenden Aktien-ETFs an und nutzen Ihren Steuerfreibetrag, den Sie bequem in Minuten bei der (Online-)Bank stellen. Ob Sie bei Überschreiten des Steuerfreibetrags bei ausschüttenden ETFs bleiben oder mit weiteren Sparleistungen auf einbehaltende (= thesaurierende) ETFs wechseln, macht keinen Unterschied.
Keine Fondspolicen abschließen
Klar abzuraten ist davon, zur „steuerlichen Optimierung“ eine Fondspolice abzuschließen, auch wenn das von Versicherungsvermittlern und provisionsorientierten Bankmitarbeitern meist geraten wird. Der zusätzlich erzielbare steuerliche Vorteil ist sehr gering und wiegt die Kosten meist nicht auf, die durch den Versicherungsvertrag entstehen. Was nützt Ihnen ein günstiger ETF mit jährlichen Kosten von zum Beispiel rund 0,2 %, wenn Sie für die Fondspolice zusätzliche Kosten in sieben- oder achtfacher Höhe haben?
Und bleiben Sie vor allem durch versicherungsfreie Lösungen flexibel. Denn wenn Sie beispielsweise innerhalb von zwölf Jahren oder vor dem Alter von 62 Jahren Ihre Fondspolice auflösen müssen, haben Sie sowohl die Kosten als auch den steuerlichen Nachteil.
Lesen Sie mehr:
(Folge 7-2023)