Linus Beste ist Landwirt – mitten in Köln. Auch wenn er selbst schmunzelt, wenn er sich als solchen bezeichnet. Schließlich wirkt sein Feld mit 0,75 ha recht klein im Vergleich zu dem konventionellen Sauenbetrieb, auf dem er seine Ausbildung gemacht hat. Für Linus’ Freunde aus der Stadt ist sein Beruf trotzdem etwas besonderes und manchmal können sie es auch nicht nachvollziehen – vor allem wie zeitintensiv Feldarbeit ist.
Ein Fleckchen Grün in der Großstadt, oder auch: ein Feld hinter Hochhäusern – das ist der Arbeitsplatz von Linus Beste. Der gebürtige Kölner schloss 2015 seine Ausbildung zum Landwirt im Münsterland ab. „Dort stach ich, ebenso wie in meinem anschließenden Studium des Agribusiness, aus der Menge“, erzählt der 30-Jährige „Ich war eben der Städter.“ Seit 2019 wohnt er wieder in Köln. Der Landwirtschaft ist er trotzdem treu geblieben: Auf 0,75 ha Acker baut er Gemüse an und ist erneut ein Exot – diesmal bei den Städtern.
Als einziger Bauer
„Meine Freunde aus der Stadt leben in einer anderen sozialen Blase als meine Studiumskollegen“, erzählt Linus. Viele von ihnen leben vegetarisch oder vegan und haben insgesamt wenig Berührungspunkte zur Landwirtschaft. Das bietet Raum für Konflikte. Für seine Ausbildung auf dem Sauenbetrieb hatten viele seiner Freunde kein Verständnis – vielmehr übten sie Kritik. „Während meiner Lehre habe ich gelernt zu argumentieren.“ Ohnehin wollte der Landwirt die Kritik nicht einfach abschmettern. „Mich haben die Sichtweisen meiner Stadt-Freunde zum Nachdenken angeregt“, erinnert er sich. „Schließlich wollen wir ja alle eine gute Zukunft gestalten.“ Mit seiner Selbstständigkeit und dem Verkauf von regional produziertem Gemüse hat Linus seinen Weg gefunden.
Wie – wegen des Wetters?
Linus Freunde wissen mittlerweile, wie arbeitsintensiv Feldarbeit ist. „Die wenigsten haben einen Garten, deshalb packen alle gern mit an“, erzählt er. Im Sommer kommen nicht nur Freunde vorbei. Linus veranstaltet zusätzlich auch Mitmach-Wochenenden und lädt Schulklassen ein. Dank der zentralen Lage kommen diese einfach mit der Straßenbahn. Durch solche Aktionen versucht der junge Landwirt Verständnis für den Wert von Lebensmitteln zu schaffen. „Wer mitgeholfen hat, der weiß den Wert regional erzeugter Lebensmittel zu schätzen,“ erklärt Linus.
Der Faktor Zeit ist einer der wenigen Knackpunkte für Freundschaften als Landwirt in der Stadt. „Wenn ich um 22 Uhr bei einem Geburtstag ankomme und eine Stunde später wieder gehen muss, weil ich am nächsten Morgen früh mit der Ernte anfangen will, kommt das nicht immer gut an“, sagt Linus. „Leider geht es manchmal aber nicht anders.“
Ebenso ungewohnt ist für manche, dass das Wetter Pläne bestimmt. „Den Aufbau eines Gewächshauses musste ich wegen starkem Wind drei Mal verschieben – und allen Helfern absagen“, erinnert er sich. „Ich hatte das Gefühl alle meine Freunde dachten: Kann doch nicht sein, dass er den Plan schon wieder über den Haufen wirft.“ Trotzdem kamen seine Freunde beim vierten Termin. Heute steht das Gewächshaus.
Landjugend verwundert
Große Fragezeichen hatte auch die Landjugend-Gruppe aus Senden in den Augen, die Linus Anfang Mai auf dem Feld besuchte. Sie fachsimpelten, fragten nach Kosten und suchten Optimierungsmöglichkeiten. „Natürlich ist mein Betrieb kein Musterbeispiel für die Landwirtschaft. Er funktioniert vor allem wegen des Standorts so gut“, sagt Linus, der es sich nicht nehmen ließ und sie im Gegenzug fragte, ob es denn noch zeitgemäß sei, immer größere Ställe zu bauen. Der junge Gemüsebauer schätzt die Diskussion – sowohl mit den Agrariern, als auch mit den Städtern.
„Das Angenehme beim Austausch mit meinen Kölner Freunden ist, dass sie mir nicht sagen, dass mein Betrieb so nicht funktionieren könne – das können sie schließlich nicht beurteilen“, erzählt Linus Beste lachend.
Lesen Sie mehr: