Die Abrechnung von Wildschäden ist nicht immer klar: Können die Kammer-Richtwerte für Pauschalierer direkt übernommen werden? Ist der finanzielle Schadensersatz mit oder ohne Umsatzsteuer zu leisten? Wir klären, was für den Pauschalierer und was für den Regelbesteuerer gilt.
Das gibt’s in Euro pro m2
Folgendes Beispiel: Wildschweine haben bei Landwirt Mandus W. im Maisfeld „wilde Sau“ gespielt: Pflanzen abgeknickt, Kolben zerbissen und angefressen. Rund 3000 m² sind verwüstet. Ein Wildschadenschätzer des Landkreises beziffert den Schaden auf rund 710 €.
„Um Wildschäden zu ermitteln, halten sich die durch die Unteren Jagdbehörden bestellten Wildschadenschätzer in NRW an tabellarische Richtsätze der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW“, berichtet Andreas Vollbracht, ehrenamtlicher Wildschadenschätzer im Kreis Paderborn. Die Richtsätze erstellt die LWK jährlich nach der Ernte und den Änderungen der Marktpreise. Die aktuellen Preise sind von September 2023. Zum Beispiel beim Ertrag von 100 dt/ha Körnermais beträgt der Wert des Aufwuchses 23,7 Cent/m²; bei 85 dt/ha Futterweizen 25,4 Cent/m². Bei Dauergrünland, viermalige Nutzung, liegt die Gesamtjahresentschädigung des Ertrages zwischen 17,30 und 25,30 Cent/m². Bei Landwirten und Wildschadenschätzern sorgt die Tabelle jedoch immer wieder für Irritation:
- Können die Werte für Pauschalierer direkt übernommen werden?
- Ist der finanzielle Schadensersatz mit oder ohne Umsatzsteuer zu leisten?
Die Sache mit der Vorsteuer:
Pauschalierende Landwirte mit einer Umsatzgrenze von aktuell 600 000 € müssen im Gegensatz zu Regelbesteuerten keine Umsatzsteuer in tatsächlicher Höhe an das Finanzamt abführen. „Für sie sind alle Vorsteuern, die mit den Umsätzen in Verbindung stehen, pauschal abgegolten“, erklärt Steuerberater Arno Ruffer. Das gilt für Investitionen sowie für zugekaufte Lieferungen und Dienstleistungen. Es funktioniert, weil sich Steuersätze und Vorsteuerpauschalsätze die Waage halten. Dann ergibt sich kein Vorsteuerüberschuss und auch keine Zahllast. Der Pauschalierungssatz beträgt aktuell 9 %; bei Forstwirten 5,5 %. Vergangenes Jahr waren es 9,5 %, davor 10,7 %. Experten zufolge wird die Umsatzsteuerpauschale wahrscheinlich im kommenden Jahr auf 8,4 % sinken.
Ein durchschnittsbesteuerter Landwirt kann zur Regelbesteuerung wechseln (optieren). Die Erklärung gegenüber dem Finanzamt muss bis 10. Januar des folgenden Kalenderjahres erfolgen. Die Entscheidung ist bindend für fünf Jahre.
Für den Pauschalierer gilt
„Jedoch hat der Landwirt, der seine Umsatzsteuer pauschaliert, gegenüber dem Ersatzpflichtigen einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer“, sagt Wildschadenschätzer Vollbracht. Das bedeutet für Mandus W., der die Durchschnittsbesteuerung (Pauschalierung) anwendet, dass ihm bei der Abrechnung für Wildschäden die Pauschale über 9 % in den Bewertungsrichtsätzen zusteht.
„Das Problem ist allerdings, dass es sich bei dem Schadensersatz für die entstandenen Ertragsverluste um sogenannte echte Schadensersatzleistungen handelt, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind“, kommentiert Steuerberater Arno Ruffer, BSB Münster, und erläutert: „Die Umsatzsteuer ist in diesem Fall nur zur Berechnung der Schadenshöhe heranzuziehen“. Der Landwirt erhält also eine Gutschrift für den Schaden der geschätzten 3000 m² in Höhe von 710 €. Darin enthalten sind 9 % Umsatzsteuer. „Wichtig ist, dass auf der Wildschadensrechnung für den pauschalierenden Landwirt die Umsatzsteuer nicht offen ausgewiesen ist“, betont Ruffer. Der Grund ist die fehlende Steuerbarkeit. Das meint, dass der Wildschaden reguliert werden muss, aber die Schadensregulation keine „echte“ Leistung oder Lieferung ist und daher kein Entgelt für eine Gegenleistung darstellt – wie eine Autoreparatur nach einem Unfall.
Für den Optierer gilt
Wäre Mandus W. optierender Landwirt (regelbesteuert), würden auf seiner Gutschrift nur rund 650 € stehen. „Der Optierer erhält nur eine Erstattung ohne Umsatzsteuer; er kann sich diese, wenn er beispielsweise Ersatzfutter kauft, auch erstatten lassen. Diese Möglichkeit hätte Mandus W. als Pauschalierer nicht“, sagt Vollbracht.
Fazit: Umsatzsteuerpauschale ist eingepreist
Fazit: Da der überwiegende Teil der Landwirte in NRW, Niedersachsen und Hessen pauschaliert, ist die aktuelle Umsatzsteuerpauschale von 9 % schon in die Richtsatztabelle der LWK eingepreist. Im Rahmen einer Wildschadenschätzung sollte zunächst geklärt werden, ob es sich um einen pauschalierenden Landwirt oder
einen Regelbesteuerer handelt. Dementsprechend ist die Ersatzzahlung bei einer Wildschadenregulierung bei Pauschalierern mit und bei Optierern ohne Umsatzbesteuerung zu leisten. Grundsätzlich gilt: Bei der Durchschnittssatzbesteuerung sind die Kosten brutto in die Rechnung einzubeziehen. Bei der Regelbesteuerung ist es die Nettokostenbelastung.
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