Ein Pferd und zwei Besitzerinnen: Die eine will mit der Stute züchten, die andere erfolgreich Turniere reiten – kann das gut gehen? Ja, es ergibt sich sogar eine Win-win-Situation. Vorausgesetzt, dass kritische Streitpunkte vorab mit einem schriftlichen individuellen Vertrag entschärft werden.
Zwei Besitzerinnen - ein Pferd
Dorothea L.* und ihre Sandkastenfreundin Lena P.* wollen ein junges Pferd kaufen. Dorothea möchte die Stute in ihrem Betrieb zur Zucht einsetzen. Lena will Springturniere reiten. Züchterin Dorothea stellt den Kaufpreis, die Reiterin Lena die Unterkunft für das Pferd. Damit es keinen Streit gibt, wollen die beiden ihr besonderes Besitzverhältnis vertraglich regeln und zwar für gute wie für schlechte Zeiten. Was sollten sie beachten?
Vor dem Kauf regeln
Eine Möglichkeit besteht in der Bildung einer Eigentümergemeinschaft. Dadurch können die mit der Pferdehaltung verbundenen Kosten und der Aufwand auf mehrere Schultern verteilt werden.
Wichtig ist in einer solchen Konstellation, dass die Ausgestaltung der Eigentümergemeinschaft idealerweise schon vor dem Kauf des Pferdes konkret vereinbart und schriftlich fixiert worden ist.
Denn zu diesem Zeitpunkt haben die zukünftigen Miteigentümer noch ein gemeinsames Ziel vor Augen und dementsprechend leicht fällt es, die Einzelheiten ihrer Eigentümergemeinschaft einvernehmlich zu regeln.
Dies ist wichtig, damit für die gesamte Zeit der Eigentümergemeinschaft und vor allem auch im Streitfall verbindliche Regeln bestehen, an welche sich alle Vertragsparteien halten müssen.
Ohne Vertrag ist Streit vorprogrammiert
Die jahrelange Erfahrung mit Miteigentümergemeinschaften zeigt, dass ohne eine verbindliche vertragliche Regelung oftmals Streit vorprogrammiert ist. Die Struktur und Ausformulierung einer solchen Regelung ist genauso vielfältig und individuell wie es die Varianten einer solchen Eigentümergemeinschaft sind.
Es bestehen die unterschiedlichsten Konstellationen, wie beispielsweise im vorliegenden Fall das Miteigentum von Züchter und Reiter, aber auch von Sponsor und Ausbilder oder auch eine Miteigentümergemeinschaft, welche von den Erben eines verstorbenen Alleineigentümers gebildet wird.
Doch eines ist allen möglichen Varianten gemein: Es bedarf immer einer klaren, schriftlichen Vereinbarung.
Individuelle Vereinbarungen
Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten einer solchen Eigentümergemeinschaft ist es jedoch praktisch unmöglich, einen allgemein verwendbaren Vordruck zu erstellen. Aus diesem Grund sind entsprechende Musterverträge – anders als beispielsweise Pferdekaufverträge oder Reitbeteiligungsverträge – auch nicht im Internet verfügbar.
Es bedarf vielmehr einer individuellen Vereinbarung, in der die Regelungen des konkreten Einzelfalles niedergeschrieben sind. Je komplizierter die einzelnen Regelungen sind, desto sinnvoller ist es, sich hierbei anwaltlich beraten zu lassen. Grundsätzlich können die Vertragsparteien die Vereinbarung aber auch eigenständig treffen.
Aus Beweisgründen ist es sinnvoll, die Vereinbarung nicht nur mündlich zu besprechen, sondern auch schriftlich zu fixieren. In einer solchen Vereinbarung über die Eigentümergemeinschaft sollte zumindest geregelt sein, in welchem Zeitrahmen das Arrangement bestehen soll und wie bzw. mit welchen Fristen die Eigentümergemeinschaft aufgelöst werden kann.
Miteigentum nach Bruchteilen
Denn nach dem Gesetz steht bei einer Eigentümergemeinschaft jeder Vertragspartei Miteigentum nach Bruchteilen zu. Das heißt, jeder Miteigentümer kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft fordern. Die Aufhebung erfolgt durch Verkauf und anschließender Teilung des Verkaufserlöses. Eine Frist zur Beendigung der Gemeinschaft sieht das Gesetz nicht vor. Falls das Pferd verkauft wirdDeshalb stellt die gesetzliche Regelung insbesondere dann ein erhebliches Risiko dar, wenn mit dem Pferd langzeitig geplant wird.
Wenn das Pferd verkauft werden muss
Außerdem besteht das Risiko, dass das Pferd zur Unzeit verkauft werden muss und dadurch nur ein geringer Kaufpreis erzielt werden kann. Erfahrungsgemäß nimmt der Miteigentümer, der an dem Eigentum festhalten will, oftmals eine hartnäckige Blockadehaltung ein. Er muss dann auf Zustimmung zum Verkauf verklagt werden. Ob das im Ergebnis nützlich ist, erscheint fraglich. Denn selbst wenn die Zustimmung – notfalls durch gerichtliches Urteil – erteilt ist, bleibt die Frage, zu welchem Preis das Pferd verkauft werden soll.
In diesem Fall bleibt als letzte Alternative die Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher. Um derartige Auswüchse zu vermeiden, sollte die Kündigungsmöglichkeit unbedingt im Wege einer vertraglichen Vereinbarung an ausreichend lange Kündigungsfristen gekoppelt werden, damit im Zweifelsfall ausreichend Zeit bleibt, um einen neuen Miteigentümer zu finden oder das Eigentum vollständig vom Miteigentümer zu übernehmen.
Eigentümergemeinschaft zeitlich begrenzen
Möglich ist auch, die Eigentümergemeinschaft von vornherein auf einen bestimmten Zeitraum zu begrenzen. Krankheit, Turniere, FohlenWichtig ist außerdem, auch die Aufteilung von Tierarztkosten und nicht zuletzt die Entscheidungsgewalt darüber, ab wann ein Pferd eventuell im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung oder Verletzung erlöst werden soll, zu regeln.
Dies sind Fragen, mit denen sich niemand gern auseinandersetzt, welche jedoch im Sinne des Pferdes geklärt sein müssen, damit im Ernstfall schnell und rechtssicher entschieden werden kann.
Weitere regelungsbedürftige Punkte
Weitere regelungsbedürftige Punkte für die unterschiedlichen Formen der Eigentümergemeinschaft sind beispielsweise die Entscheidung über die Turniereinsätze, die Auswahl des Hengstes für eine Zuchtstute und die Verteilung von den mit dem Pferd erwirtschafteten Gewinnen.
Die Miteigentümer einer Zuchtstute sollten außerdem daran denken, dass sie ebenfalls Miteigentümer an dem Fohlen werden und auch hierfür rechtzeitig Regelungen treffen. Alles in allem kann eine Eigentümergemeinschaft also viele Vorteile haben, weil die jeweiligen Miteigentümer im Idealfall eine Art Symbiose bilden, um das Pferd möglichst optimal zu halten und gewinnbringend einzusetzen.
Da diese Konstellationen aber zugleich sehr streitanfällig sind, ist eine gute und rechtzeitig getroffene vertragliche Regelung der wesentlichen Punkte dringend zu empfehlen.
* Name von der Redaktion geändert
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