Was wird aus dem Maststall?



Ein Landwirt im Kreis Herford mästet auf seinem Hof Schweine (1.302 Plätze). Mit seiner Ehefrau hat er auf einer Fläche, die direkt an den Hof angrenzt, einen weiteren Stall mit 1.482 Plätzen als Kommanditgesellschaft (KG) errichtet. Der Standort wurde aus landschaftsrechtlichen Gründen gewählt. Der neue Stall wird über die Hofzufahrt angefahren. Hierfür hat der Landwirt der KG ein Wegerecht eingeräumt.

Lärm und Gerüche

Die Stadt hatte der KG die Baugenehmigung erteilt. Danach wurde der Stall errichtet und mit Schweinen belegt. Doch Nachbarn wollten Lärm und Gerüche nicht hinnehmen, sie beklagten den Bescheid der Stadt. Das Verwaltungsgericht Minden wies die Klage zurück. Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster sah die Rechte der Nachbarn nicht verletzt, hob die Baugenehmigung für den Stall mit Urteil vom 17. Juni 2014 aber auf, nachdem sich der Richter vor Ort umgesehen hatte.

Das Gericht sieht die Mastanlage auf dem Hof und den neuen Stall auf der angrenzenden Fläche als eine Anlage an, da zwischen ihnen ein „enger Zusammenhang“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) bestehe. Zwar seien die Betreiber beider Anlagen nicht identisch, aber der Landwirt als Mehrheitsgesellschafter habe den bestimmenden Einfluss auch in der KG.

Ställe nicht abgegrenzt?

Im alten Stall und in der neuen Anlage mästen die Eheleute Schweine. Beim Ortstermin stellte der Richter fest, dass zwischen der Hofstelle und der direkt angrenzenden Fläche keine Abgrenzung erkennbar ist. Für den „engen Zusammenhang“ spricht weiter, dass die neue Anlage keine eigenständige Zu- und Abfahrt hat.

Während des Gerichtsverfahrens hatte der Landwirt die KG und ein Wegestück entlang der Hofstelle auf seine Ehefrau übertragen. Sie hatte so eine eigene Zu- und Abfahrt für den Stall bekommen und konnte die Geschicke der KG bestimmen. Das änderte die Meinung des Gerichts aber nicht.

Am Ende stellte der 2. OVG-Senat fest: Bei den zwei Ställen handelt es sich um eine Anlage, die aus zwei im „engen Zusammenhang“ stehenden Mastanlagen besteht. Folge: Für die Gesamtanlage wäre eine Vorprüfung über die UVP-Pflicht erforderlich gewesen. Sie lag nicht vor. Sie konnte auch nicht (mehr) bis zur Entscheidung des OVG nachgeholt werden. Deshalb hob der Richter die Baugenehmigung auf.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Stadt hat Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingelegt. Die höchsten Richter müssen insbesondere die Frage des „engen Zusammenhangs“ zwischen zwei Mastställen prüfen, dabei werden die vom OVG festgestellten Tatsachen zugrunde gelegt.

Kann der Landwirt die UVP-Prüfung nachschieben und so den Verfahrensfehler heilen? Dies ist fraglich. Was aber wird aus dem neuen Stall, wenn die Bundesrichter die Revision zurückweisen? Muss der Landwirt das mit viel Kapital erstellte Gebäude wieder abreißen? Oder gibt es andere Möglichkeiten der Nutzung?

Fazit und Ratschläge

Landwirte und ihre Berater etwa bei der Landwirtschaftskammer NRW sollten frühzeitig, wenn sie einen Stall auf einem sensiblen Standort planen, alle Probleme im Blick haben. Sie sollten daran denken, dass ein nervenaufreibendes Gerichtsverfahren folgen kann, wenn Nachbarn gegen eine erteilte Baugenehmigung klagen. Auch wenn Nachbarrechte, wie im vorliegenden Fall, nicht verletzt sind, kann eine fehlende UVP-Vorprüfung zur Aufhebung der Baugenehmigung führen.

Für das Bundesgericht in Leipzig bleibt die Frage: Wann gelten zwei formal getrennte Mastanlagen UVP-rechtlich als eine Anlage? Und wann müssen sie daher auf ihre Umweltverträglichkeit vorgeprüft werden? Ist eine Klage bereits anhängig, kann der Bauherr zwar versuchen, an der bereits genehmigten Planung noch etwas zu ändern. Doch Nachbesserungen sind in der Regel nur erfolgreich, wenn sie klar sind und auch zeitlich vor einem Urteil nachgeholt werden können (Az. 1480/13 und Folgende). As