VW hantiert mit schrägen Zahlen

Der VW-Konzern macht derzeit nicht nur wegen seines Managerstreites Schlagzeilen, sondern auch wegen einer irreführenden Informationskampagne zum Thema Ernährung in seiner Wolfsburger "Autostadt". Die Neuausrichtung der dortigen Restaurants auf regional-saisonal-biologische Kriterien sowie auf vegetarische und vegane Speisen wird mit dem hohen Ressourcenverbrauch der Fleischerzeugung begründet. Angeführt werden die Rolle der konventionelle Landwirtschaft als Verursacher von Treibhaus­gasemissionen sowie ein hoher Wasserverbrauch bei der Nahrungsmittelerzeugung.

Der Inhaber einer großen tierärztlichen Betreuungsgesellschaft in Niedersachsen hat einige der haarsträubendsten Volkswagen-Thesen zurechtgerückt. So heißt es von Seiten der Autostadt-Restaurants, dass eine Kuh jeden Tag 60 bis 80 l Wasser „verbraucht“. Dabei vergessen sie allerdings, dass dieses Wasser direkt als Nahrungsmittel Milch dem Menschen zufließt – oder über die Gülle wieder dem Boden zugeführt wird. Zum Vergleich: Bei der Herstellung eines einzigen Volkswagen-Pkw werden rund 400 m3 Wasser verbraucht.

VW lässt kaum einen Vorwurf aus

Die Autostadt-Restaurants haben auf ihrer Internetseite kaum einen Vorwurf ausgelassen:

  • Die „Antibiotika- und Hormonbelastung von Fleischprodukten“ führe zu gesundheitlichen Problemen.
  • Schweinefleisch habe einen hohen Fett- und Cholesteringehalt sowie eine hohe Histamin-Konzentration.
  • Die Verfütterung genveränderter Futterpflanzen und damit ein Gesundheitsrisiko für die Verbraucher könne nicht zugeschlossen werden.
  • Eier würden „reichlich Cholesterin sowie den höchsten Anteil an Fäulnisbakterien aller Nahrungsmittel“ enthalten.
  • Kuhmilch enthalte Wachstumsfaktoren (IGF-1⁄IFG-2), die in Studien mit der Entstehung von Tumoren wie Brust-, Darm- und Prostatakrebs in Verbindung gebracht worden seien. Alternativen seien daher Hafer-, Dinkel- oder Mandelmilch.

Weiter heißt es auf der Internetpräsenz der Autostadt heißt es wörtlich: „Tierische Milch enthält alle Medikamente, mit denen das milchgebende Tier behandelt oder gefüttert wurde: Antibiotika, Wurmkuren. Diese werden im Darm nicht aufgeschlossen und gelangen teilweise direkt ins Blut. Durch die Verfütterung genveränderter Futterpflanzen ist ein Gesundheitsrisiko für die Verbraucher auch bei Milchprodukten nicht auszuschließen. Wer diese Risiken minimieren möchte, sollte konsequent nur Bio-Produkte verwenden.“

Kritik des Bauernverbandes

Einige dieser pauschalen Vorwürfe wurden inzwischen von der Internetseite wieder entfernt – insofern scheint die Kritik aus der landwirtschaftlichen Praxis zu wirken. Gleichwohl bleibe das Verhalten der Marketingabteilung von VW "schlicht inakzeptabel", so WLV-Präsident Johannes Röring. "Der Versuch, sich als größter Autobauer Europas ein grünes Mäntelchen umzuhängen, ist ein plumper Kniefall vor dem Zeitgeist und eines Konzerns von Weltgeltung unwürdig."

Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, kritisierte, VW verbreite auf seiner Netzseite zur Autostadt Unwahrheiten. Trotz einiger Korrekturen strotze die Seite weiterhin vor Falschaussagen über die Nutztierhaltung in der Landwirtschaft. Offenbar soll die Kampagne von den Auswirkungen der Automobilbranche auf die Umwelt, das Klima sowie den Rohstoff-, Flächen- und Energieverbrauch ablenken, warf der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, dem Unternehmen vor. AgE/ri/Str.