Tatort Dorf: Bauern vorm Sendgericht

Sonntag für Sonntag blieb Bauer Heinrich Wissing aus Senden der Kirche fern, hielt nicht seine Osterpflicht ein und war ständig betrunken. Zudem lebte er laut Protokoll mit seiner Ehefrau in unversöhnlicher Zwietracht, was sich in Gezänk und häuslicher Gewalt niederschlug. Für diese Vergehen drohte ihm 1772 das Sendgericht mit Strafe.

Das Sendgericht wachte im 17. und 18. Jahrhundert im Bistum Münster über die Einhaltung der sittlichen Normen und fragte Glaubensbekenntnis und den regelmäßigen Empfang der Sakramente ab. Zu den verhandelten Vergehen gehörten somit Unkenntnis in Glaubensfragen, aber auch vor- oder außereheliche sexuelle Delikte.

Wohlhabendere Personen wurden häufig zu Geldstrafen verurteilt, ärmere Bevölkerungsschichten belegte das Gericht häufig mit Buß- und Ehrenstrafen. Die Strafen zielten auf die Besserung der Sünder, sollten aber auch die Gemeinden ermahnen. In Streitfällen ging es zudem um Versöhnung zwischen den Konfliktparteien.

Im Fall Wissing ordnete das Gericht an, dass der Landwirt zwei Jahre lang regelmäßig die Christenlehre sowie alle Sonn- und Feiertage das Hochamt zu besuchen hatte. Die Osterkommunion hatte er nachzuholen. Zügele er seine Trunk- und Streitsucht trotzdem nicht, so drohe ihm die Einweisung in das Zucht- und Arbeitshaus.

Ebenfalls scharf ging das Gericht um 1704 in Ottmarsbocholt das Familienoberhaupt Johan Boickers an. Seine Frau hatte den gemeinsamen Haushalt bereits verlassen, was – nach damaligen Gepflogenheiten – einer Auflösung der Ehe gleichkam. Der Richter drohte ihm eine Strafzahlung von 50 Pfund Wachs an, sollte es ihm binnen sechs Monaten nicht gelingen, geeignete Veränderungen vorzunehmen, um seine Ehefrau zur Rückkehr zu bewegen. Roman Vogel

Mehr über das Sendgericht lesen Sie
.