Tatort Dorf: Aufruhr in Spenge

Einem Auktionator wird das Haus abgedeckt, den Rittergutsbesitzern mit Plünderung und Brand gedroht: Im März 1848 befand sich das Kirchspiel Spenge bei Herford einige Tage lang im Ausnahmezustand.

Ganz Deutschland befand sich im Frühjahr 1848 in der Revolution. Ganz Deutschland? – Ja! Die revolutionären Unruhen hielten nicht nur in den großen Städten wie Berlin, Köln oder Frankfurt Einzug, sondern auch in ländlichen Gebieten. Der aus dem März 1848 erhalten gebliebene Brief des Amtmanns im ostwestfälischen Spenge gibt Auskunft darüber, dass die Auswirkungen bis dorthin gereicht haben. Der Amtmann berichtete in der Nacht vom 22. auf den 23. März 1848:

„Eine große Bande Gesindel ist von der Spenger Heide aus gegen 10 Uhr heute Nacht dort unter Lärmen und Toben, mit Knüppeln und dergleichen versehen, eingezogen, und hat, nachdem sie sich Branntwein vom Kaufmann Becker erpresst, zuerst das Spritzenhaus demoliert, ist da­rauf bei dem Gastwirt Ludwig Fischer, (dann bei) Witwe Juch, Bergmann usw. gedrungen, wo sie die Häuser zerstören und im Innern alles zerschlagen (haben). Augenblicklich ½ 1 Uhr nachts tobt noch alles fort, und man soll damit beschäftigt sein, die Gebäude des (Auktionators) Bergmann dem Boden gleichzumachen. Die Ziegel sind vom Dach gedeckt. Mit Brand und weiteren Zerstörungen droht die Bande nicht nur Spenge, sondern auch die Güter zu demolieren.“

Was ging da vor sich? Was war passiert?

In der Spenger Heide hatten sich am 22. März 1848 Protestierende getroffen. Ein „Agitator“ namens Tiemann hatte eine Rede gehalten, und am Abend zogen fast 400 Menschen mit Schusswaffen, Äxten, Beilen, Forken und Messern „unter Singen und Lärmen und Abfeuern vieler Schüsse“ durch die Gemeinde. Ziel ihrer Zerstörungswut waren öffentliche Gebäude wie das Gefängnis- und Spritzenhaus, aber auch herrschaftliche Rittergüter wie die Mühlenburg und die Werburg.

Die „Aufrührer“ verwüsteten zudem die Häuser des Gendarmen und der Auktionatoren. Außerdem bedrohten sie Kleinhändler, Kaufleute, den Küster und einige Großbauern. Eine Gegenwehr fand nicht statt.

Deutlich wird, dass es sich nicht um eine Revolution gegen die Regierung in Berlin handelte, sondern um eine Protestbewegung, die Unmut über persönlich empfundenes Unrecht ausdrückte. Der Zorn der Beteiligten zielte allein auf Besitzende in ihrer Nähe, in Spenge und Umgebung. Beate Schiwek

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