Streit um Umweltbilanz

Der Umweltschutz in der Landwirtschaft ist in den vergangenen 30 Jahren deutlich zu langsam vorangekommen. Das beklagt das Umweltbundesamt aus Anlass eines "Jubiläums": Vor 30 Jahren, 1985, hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen ein Sondergutachten mit dem Titel "Umweltprobleme der Landwirtschaft" vorgelegt.

Viele alte Probleme – etwa die zu hohen Stickstoff-Einträge in Böden oder die Luft – seien "trotz Verbesserungen ungelöst", teilte das UBA in einer Pressemitteilung mit. 1985 überschritten demnach rund 90 % der Flächen die kritischen Belastungsgrenzen für Stickstoff; aktuell seien es immer noch 50 %. „Zu den alten Problemen treten leider neue hinzu – etwa durch Plastik oder Mikroplastik, das wir auf und in landwirtschaftlichen Böden finden. Dieses Thema stand 1985 noch gar nicht auf der Agenda“, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes (UBA).

Weitere Ergebnisse der aktuellen UBA-Bestandsaufnahme:

  • Der Zustand des Grundwassers hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. „Erfreulich ist der Rückgang der Pestizid-Belastung des Grundwassers. Das ist vor allem Folge der strengen Zulassung der Stoffe in Deutschland und der EU. Flüsse, Bäche und Seen sind aber nach wie vor betroffen, besonders wenn Landwirte ihre Feldspritzen in Gewässernähe oder auf dem Hof reinigen“, sagte Krautzberger. Mit dem Waschwasser könnten Pestizidrückstände vom Hof in die Kanalisation gelangen; in den Kläranlagen werden die Mittel dann nicht ausreichend abgebaut.
  • Beim Stickstoff gebe es zwar ebenfalls Fortschritte, "flächendeckend ist ein guter chemischer und ökologischer Zustand aber bei weitem noch nicht erreicht", stellt das UBA fest und empfiehlt, sowohl Gülle als auch Mineraldünger schnell einzuarbeiten und ausreichenden Abstand zu Bächen, Flüssen und Seen zu halten. Überschüssige Gülle aus viehstarken Regionen solle überregional gemäß guter fachlicher Praxis verwertet werden.
  • Ammoniak belaste "auch die Luft noch zu stark", so das UBA. Gemäß der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen dürfe Deutschland jährlich 550 Kilotonnen Ammoniak ausstoßen. Derzeit werde diese Obergrenze "nicht zuverlässig eingehalten". Genehmigungsbedürftige Geflügel- und Schweineställe müssen daher künftig "zu Recht" mit einer Abluftreinigung ausgestattet werden, betont das UBA, das eine entsprechende Pflicht auch bei Rinderställen für ratsam hält.
  • Der Schutz der Böden sei in Deutschland anders als noch 1985 per Gesetz geregelt. Die Landwirtschaft komme ihrer Pflicht zum vorsorgenden Bodenschutz dadurch nach, dass sie die gute fachliche Praxis beachtet, so das UBA. In der Praxis finde Erosion, Schadverdichtung und Humusabbau aber immer noch statt. Enge Fruchtfolgen, spät schließende Reihenfrüchte oder schweres Gerät seien nach wie vor zulässig. Aber es gibt Lösungen, etwa eine konservierende Bodenbearbeitung, Streifenbearbeitung, ganzjährige Bodenbedeckung oder Zwischenfrüchte.

Kritik des Deutschen Bauernverbandes

Der Deutsche Bauernverband (DBV) bewertete die UBA-Bilanz kritisch und vermisst eine selbstkritische Auseinandersetzung der Autoren mit der Naturschutzpolitik der zurückliegenden Jahrzehnte. „Offensichtlich hat die politische Strategie, Natur- und Artenschutz hauptsächlich über Gesetze, Verordnungen und Schutzgebiete bürokratisch zu regeln, nicht die erwünschten Erfolge erzielt“, erklärte der DBV. Zudem bleibe unberücksichtigt, dass allein in den letzten 20 Jahren mehr als 860.000 ha landwirtschaftliche Flächen durch Siedlungen und Infrastrukturmaßnahmen verlorengegangen seien, die heute nicht mehr als Lebensräume für Feldvögel zur Verfügung stünden.

„Große Praxisferne“ bescheinigt der Bauernverband der UBA-Forderung nach einer Abluftreinigung für Rinderställe. Damit offenbare die Behörde eine „regelrechte Ignoranz“ gegenüber den Anliegen des Tierwohls und den Zielen der Grünlandbewirtschaftung.

Blühstreifen und Erhalt des Dauergrünlandes

An der Lebenswirklichkeit vorbei gehen laut DBV auch die Vorschläge zur Europäischen Agrarpolitik, so der DBV. So hätten die Landwirte im ersten Jahr Greeningmaßnahmen auf 1,4 Mio ha "vorbildlich umgesetzt". Weitere Pufferstreifen oder Blühstreifen scheiterten allein daran, dass die Agrarverwaltung den Landwirten aus Kontrollgründen davon abgeraten habe.

Die erneute Forderung nach strengeren Regelungen zum Erhalt des Dauergrünlands ist für den DBV nicht akzeptabel. Ohne eine Zusicherung zum Erhalt des Ackerstatus sei es für die Landwirte nicht zumutbar, im Rahmen von Wasserkooperationen, Agrarumweltprogrammen und dem Vertragsnaturschutz Pufferstreifen an Gewässern oder anderen freiwilligen Initiativen Grünland anzulegen. AgE / Str.