Pumpversuch nicht nötig?

Das Verwaltungsgericht Münster will die Klage von Gerd A. aus Lengerich gegen die Bezirksregierung abweisen: Der Wasserbeschaffungsverband Tecklenburger Land darf bis zu 2 Mio. m3 Wasser im Wasserwerk Schollbruch fördern.

Der Wasserbeschaffungsverband Tecklenburger Land fördert in den Wasserwerken Brochterbeck, Dörenthe, Lehen und Schollbruch jährlich bis zu 12,5 Mio. m3 Wasser. Ende 2009 hat die Bezirksregierung Münster dem Verband die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, die Fördermenge im Wasserwerk Schollbruch von 1,75 Mio. auf 2 Mio. m3 zu erhöhen.

Vorausgegangen war das übliche Beteiligungsverfahren mit einer UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung). Das Ingenieurbüro Schmidt und Partner aus Bielefeld hat den Antrag erarbeitet. Einen Pumpversuch hielten der Verband und die Bezirksregierung für entbehrlich, weil unter anderem schon der frühere Betreiber des Wasserwerkes, die Bundesbahn, bis Ende 2005 jährlich bis zu 2 Mio. m3 aus den drei Brunnen gefördert hatte. Den fehlenden Pumpversuch hat Landwirt Gerd A. aus Lengerich zum Anlass genommen, Klage gegen die Bezirksregierung einzureichen.

20 ha Acker betroffen

Gerd A. bewirtschaftet 120 ha in Leeden, größtenteils Acker. Etwa 20 ha liegen in den Absenktrichtern der Brunnen. Nach Beobachtungen des Landwirtes nehmen die Trockenschäden auf seinen Flächen zu. Der Mühlenbach falle zeitweise schon im März trocken, die Dränagen liefen nicht mehr, einem Naturschutzgebiet werde das Wasser entzogen, so der Kläger vor Gericht.

Zwar ersetzt der Verband den Landwirten die Aufwuchsschäden, die ein landwirtschaftlicher Gutachter (vom Wasserwerk bezahlt) ermittelt. Doch auf Dauer, so der Kläger, müsse die Bezirksregierung die Interessen der Natur und der Landwirte besser schützen.

Der Landwirt stützt seine Klage auf Untersuchungen von Prof. Dr. em. Friedrich-Karl Ewert aus Bad Driburg. Der Diplom-Geologe vertritt die Ansicht, dass durch die erhöhte Wasserförderung der artesische Druck im Untergrund nachlässt. Deshalb könne man die daraus resultierenden Folgen für die Umwelt kaum abschätzen. „Durch einen Pumpversuch hätten wir mehr Klarheit bekommen. Der Wasserbeschaffungsverband hat seine Hausaufgaben nicht gemacht“, behauptete Anwalt Jürgen Reh, der Gerd A. vor Gericht vertritt.

Zu wenig Niederschlag

Rudolf F., technischer Mitarbeiter bei der Bezirksregierung, wertet die Daten der Wasserversorger im Regierungsbezirk aus. Die Versorger müssen regelmäßig die geförderten Wassermengen, Grundwasserflurabstände und weitere Parameter der Aufsicht melden. Rudolf F. wies im Gerichtssaal auf Folgendes hin. Die Jahre 2011 und 2012 waren sehr trocken. Es wurde wenig neues Grundwasser gebildet. Dies habe Prof. Ewert nicht berücksichtigt. „Ende September 2012 haben wir in der Ems bei Greven den niedrigsten Wasserstand gemessen, seitdem uns Aufzeichnungen vorliegen.“

Die Grundwasserstände rund um die Brunnen des Wasserwerkes Schollbruch sind im genannten Zeitraum um etwa 25 cm gesunken. Bei einer erhöhten Wasserförderung von 2 Mio. m3 wären sie um 0,50 cm gefallen, hat das Gutachterbüro Schmidt berechnet.

Eine Anhebung der Fördermenge um ein Siebtel hält Richter Dr. Neumann nicht für gravierend. Die Datenbasis und die Berechnungen des Gutachters seien schlüssig. „Ein Pumpversuch hätte wahrscheinlich keine neuen Erkentnisse gebracht. Das Gesetz sieht Pumpversuche auch nicht zwingend vor“, so der Richter weiter.

Klare Rechtsprechung

Dr. Neumann verwies auf die Rechtsprechung. Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser sei von überragender Bedeutung. Dies hätten das Oberverwaltungsgericht NRW mit Urteil vom 7. September 2006 (Az. 20 A 3950/04) und das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 28. Juli 2009 festgestellt. „Lassen sich Schäden in der Umwelt durch die Wasserförderung nicht vermeiden, muss der Verursacher etwa den Land- und Forstwirten Ausgleich zahlen“, fuhr der Richter fort.

Abzuwarten bleibt, ob Gerd A. gegen das (erwartete) abschlägige Urteil in Berufung geht. Nach Beobachtungen des Klägers sind nicht nur die Grundwasserstände auf seinen Flächen gesunken, auch die Absenktrichter um die Brunnen seien größer geworden. „Die Schäden auf unseren Flächen und in der Natur nehmen zu. Das aber wird vom Wasserbeschaffungsverband häufig bestritten.“

Jürgen Reh: „Die Trockenschäden auf landwirtschaftlichen Flächen in den Wassergewinnungsgebieten werden klimabedingt wahrscheinlich zunehmen. Deshalb fordern wir einen fairen Ausgleich für die Land- und Forstwirte und größere Transparenz bei den Wasserversorgern und Aufsichtsbehörden.“ (Az. 7 K 260/10) Armin Asbrand