Pferdefleisch: Erste Funde in Russland

Im Umweltausschuss des Europaparlaments werden nach den Funden von nicht deklariertem Pferdefleisch die Rufe nach schärferen Kontrollen lauter. Der Ausschussvorsitzende Matthias Groote sprach von einer Vertrauenskrise. Es gebe immer neue Nachrichten über die Wirkung und das Ausmaß der Falschdeklarationen, erklärte der SPD-Politiker vergangene Woche anlässlich einer Sondersitzung.

In der Vergangenheit habe man in Brüssel verschiedene Formen der Fleischkennzeichnung diskutiert; die Mitgliedstaaten hätten sich leider für die schwächste Option entschieden. Man müsse jetzt schauen, wie die Rückverfolgbarkeit verbessert und die Abschreckung erhöht werden könnten.

Die CDU-Abgeordnete und Ausschussvizepräsidentin Christa Klaß zog hingegen das Fazit, dass das Problem nicht aus Gesetzeslücken resultiert, sondern aus der mangelnden Umsetzung bestehender Regeln vor Ort. Klaß warnte davor, angesichts des Skandals reflexartig nach neuen Vorschriften zu verlangen. „Eine strengere Etikettierung führt nicht zu mehr Sicherheit“, so die CDU-Politikerin.

Statt neue Vorschriften einzuführen, sollte die Kommission darauf achten, dass geltende Bestimmungen für die Sicherheit von Nahrungsmitteln umgesetzt würden. Klaß forderte eine bessere Zusammenarbeit nationaler Behörden und die Betrachtung solcher Betrugsfälle als Straftat. Borg erinnerte daran, dass es sich um ein reines Kennzeichnungsproblem handle und die Lebensmittelsicherheit nicht gefährdet sei.

Erste Funde von nicht deklariertem Pferdefleisch in Russland

Unterdessen tauchte vergangene Woche in Russland aus der Europäischen Union importierte Ware auf, die nicht deklariertes Pferdefleisch enthielt. Nach Angaben des Föderalen Aufsichtsdienstes für Tier- und Pflanzengesundheit Russlands (Rosselkhoznadzor) handelt es sich dabei um eine Lieferung von Würstchen eines österreichischen Herstellers. Bei einer Analyse von Stichproben der als Schweinefleischprodukt gekennzeichneten Ware sei darin die DNA von Pferdefleisch festgestellt worden; außerdem habe man Hühner- und Rindfleisch sowie Soja nachgewiesen.

Dem Hersteller wurde von den Behörden umgehend die Genehmigung für die Lieferung seiner Erzeugnisse in das gesamte Gebiet der russisch-weißrussisch-kasachischen Zollunion entzogen. Weitere Konsequenzen will Rosselkhoznadzor vorerst nicht ergreifen. Noch am Tag vor dem Fund hatte der stellvertretende Leiter der EU-Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz (DG Sanco), Ladislav Miko, versichert, es bestehe keine Gefahr, dass falsch gekennzeichnete Lebensmittel aus der Gemeinschaft nach Russland exportiert würden.

Polnische Fleischbranche leidet

Auch in Polen war der Pferdefleischskandal vergangene Woche ein Thema. Dort wurde von der Veterinäraufsicht in drei Verarbeitungsbetrieben Pferde-DNA in Fleisch gefunden, das laut Etikett eigentlich zu 100 % aus Rind bestehen sollte. Wo die Verarbeiter die Ware eingekauft hatten, war zunächst unklar.

Landwirtschaftsminister Stanislaw Kalemba hatte die Überprüfung der Betriebe angeordnet, nachdem in Tschechien mit Pferdefleisch versetzte Hamburger entdeckt worden waren, die aus Polen stammten. Polen sei „sehr offen für die Aufklärung eventueller Fehler oder Unregelmäßigkeiten“, stellte Kalemba klar. Der Vorsitzende des Verbandes der fleischverarbeitenden Betriebe, Witold Choinski, wies darauf hin, dass seine Branche sehr unter dem Pferdefleischbetrug leide; seit Beginn des Skandals sei der polnischen Export an Rindfleisch um fast ein Drittel zurückgegangen. AgE