Im ungünstigsten Fall kann es fast 22 Cent/km kosten, wenn Landwirte künftig auf Bundesstraßen unterwegs sind. Denn im kommenden Monat werden rund 38 000 km der wichtigen Verkehrswege für Lkws
sowie bestimmte land- oder forstwirtschaftliche (lof) Fahrzeuge mautpflichtig. Nach derzeitiger Lage lässt sich die Pflichtabgabe wohl nur mit 40-km/h-Schleppern umgehen. Warum das so ist und was die Halter anderer lof-Fahrzeuge beachten müssen, haben wir zusammengestellt.
Mautpflicht ab 7,5 t
Konkret trifft die Mautpflicht alle Kraftfahrzeuge (Kfz) oder Fahrzeugkombinationen, deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 7,5 t beträgt und
die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind (1. Alternative), beziehungsweise
für den Güterkraftverkehr verwendet werden (2. Alternative).
Was heißt das im Klartext?
Die Mautpflicht nach der 1. Alternative betrifft Kfz, die nach ihren objektiven Merkmalen dazu bestimmt sind, Güter zu transportieren. Dies ist sicherlich bei Sattelzügen oder Lastkraftwagen der Fall, während klassische land- oder forstwirtschaftliche Ackerschlepper und Geräteträger nicht unter diese Alternative fallen. Sie sind zur Bewirtschaftung von lof-Flächen bestimmt und können beispielsweise über die Zapfwelle auch andere Maschinen antreiben.
Nach aktueller Auffassung des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) zählt auch der Unimog zu den lof-Fahrzeugen, da er ursprünglich für den Einsatz in der Land- oder Forstwirtschaft konzipiert und bestimmt ist.
Die Mautpflicht nach der 1. Alternative besteht im Übrigen unabhängig davon, ob es sich um eine Privatfahrt handelt, ob tatsächlich Güter befördert werden (Leerfahrten sind damit auch von der 1. Alternative erfasst) oder ob das betreffende Kfz von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist.
Schnelle Traktoren kosten
Nach der 2. Alternative besteht für Kfz oder Fahrzeugkombinationen Mautpflicht, die zwar über keine für den Güterkraftverkehr typischen Fahrzeug- und Aufbauarten verfügen, die jedoch konkret Güterkraftverkehr nach dem Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) durchführen. Das kann zum Beispiel auch für Standardschlepper zutreffen, sofern sie nicht unter die 40-km/h-Ausnahme fallen (siehe Kasten).
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der jeweiligen Fahrt um eine entgeltliche oder geschäftsmäßige Güterbeförderung handelt. Leerfahrten sind jedoch nicht mautpflichtig.
Mit anderen Worten: Wer sein eigenes Stroh mit einem 50-km/h-Schlepper vom Feld zum Hof transportiert und dabei eine Bundesstraße nutzt, muss dafür Maut entrichten.
Achtung: Seit April dieses Jahres gelten die in der Vergangenheit aus § 2 Nr. 7 GüKG abgeleiteten und von der BAG akzeptierten Ausnahmen von der Mautpflicht nicht mehr. Darunter fallen beispielsweise die Nachbarschaftshilfe und die Beförderung im Rahmen eines Maschinenrings e. V. Sie sind damit grundsätzlich mautpflichtig. Die BAG bezieht sich dabei
auf verschiedene Urteile von Oberverwaltungsgerichten der Länder (unter anderem OVG Münster, Az. 9 B 550/16).
Agrotrucks nicht befreit
Bei der letzten Änderung des Mautgesetzes wurde der Begriff „ausschließlich“ in der Begriffsbestimmung „Fahrzeuge, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind“, gestrichen. Dadurch fallen mehr Fahrzeuge unter die Mautpflicht. Das betrifft auch die sogenannten Agrotrucks oder Agrar-Lkws, das heißt, zum lof-Ackerschlepper umgeschlüsselte Sattelzugmaschinen.
Unabhängig von der Zulassung sind diese Fahrzeuge zur Güterbeförderung bestimmt und fallen unter die 1. Alternative. Inwieweit dennoch eine Befreiung von der Maut möglich ist, muss im jeweiligen Einzelfall mit der BAG und der Betreibergesellschaft Toll Collect geklärt werden.
Bis 40 km/h ohne Maut
Das Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) enthält in § 1 Absatz 2 Ziffer 6 eine für Landwirte wichtige Ausnahme. Danach sind landwirtschaftliche Fahrzeuge im geschäftsmäßigen Güterverkehr mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit (bbH) von maximal 40 km/h generell von der Mautpflicht ausgenommen (gilt ab dem 1. Juli 2018). Nach Auffassung des BAG trifft das jedoch nur auf Landwirte zu, die
ihre eigenen Güter transportieren. Sind sie „entgeltlich“ unterwegs, werden also für ihre Dienstleistung bezahlt, müssten sie trotz der 40-km/h-Grenze Maut entrichten.
Und die Gebühren?
Die Höhe der Maut ist abhängig von den auf mautpflichtigen Bundesautobahnen und Bundesstraßen zurückgelegten Streckenkilometern. Bei der Berechnung wird die Anzahl der Achsen des Fahrzeugs oder der Fahrzeugkombination berücksichtigt. Aktuell gibt es vier Achsklassen, die von zwei bis fünf oder mehr Achsen reichen. Bei der Berechnung werden auch Liftachsen stets mitgerechnet.
Weiterhin geht in den Mautsatz auch die Emissionsklasse des Fahrzeugs ein. Da in der Landwirtschaft oft ältere Lkws oder Traktoren eingesetzt werden, führt dies zu hohen Mautsätzen. Denn je schlechter die Emissionsklasse, desto höher ist die Maut.
Da bei vielen Traktoren die Emissionsklasse laut Zulassungsbescheinigung nicht bekannt ist, werden diese automatisch in die teuerste Klasse eingestuft. So kann bei einer Fahrzeugkombination mit mindestens fünf Achsen ein Mautsatz von 21,8 Cent je Streckenkilometer fällig werden. Ist die Emissionsklasse in der Zulassungsbescheinigung Teil I unter der Ziffer 14. bzw. 14.1 eingetragen, passen diese Angaben aber aktuell nicht zu dem vom BAG veröffentlich
ten Leitfaden zur Ermittlung der Schadstoffklassen, muss eine Abfrage beim Kraftfahrtbundesamt für Klarheit sorgen.
Vier Wege zu bezahlen
Die Betreibergesellschaft Toll Collect GmbH bietet mehrere Möglichkeiten, die Maut zu begleichen:
- Automatisches Einbuchen per Fahrzeuggerät (On-Board-Unit) nach Registrierung bei der Betreibergesellschaft Toll Collect und Einbau des Gerätes in das mautpflichtige Fahrzeug: Die OBU wird von Toll Collect kostenlos zur Verfügung gestellt. Der Halter des Fahrzeugs übernimmt die Kosten für den Einbau. Beim Einbau einer OBU bei Traktoren kann es zu Problemen kommen, da die Schlepper vielfach keine entsprechende Vorrüstung für diese Geräte haben.
- Manuell per Toll-Collect-App.
- Online unter www.toll-collect.de: Das funktioniert sowohl auf stationären PCs als auch mobil via Tablet und Smartphone.
- Manuell an rund 1100 Mautstellenterminals, die an großen Tankstellen, Autohöfen und Rastplätzen stehen.
Bei Toll Collect besteht auch die Möglichkeit, Fahrzeuge, die dauerhaft nicht der Mautpflicht unterliegen, in die Liste der nicht mautpflichtigen Fahrzeuge eintragen zu lassen. Nach aktuellen Erfahrungen ist diese Mautbefreiung allerdings wenig hilfreich, da sie nicht rechtsverbindlich ist und bei Kontrollen das BAG oftmals eine Mautpflicht erteilt.
Verantwortlich für das Zahlen der Maut ist entweder
- der Eigentümer oder Halter des Kfz,
- die Person, die über den Gebrauch des Kfz bestimmt,
- der Fahrer,
- die Person, auf die das Kfz zugelassen ist, oder
- die Person, der das Kennzeichen des Kfz zugeteilt ist.
Kann bei einer Kontrolle die tatsächlich zurückgelegte
Strecke nicht ermittelt werden, so stellt das BAG pauschal eine Wegstrecke von 500 km in Rechnung. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bei Mautverstößen ein Bußgeld bis zu 20 .000 € vorgesehen. Neben den Kontrollsäulen wird die Maut vor allem bei Vor-Ort-Kontrollen durch das BAG überprüft.
Sind noch Änderungen zu erwarten?
In der Vergangenheit hat das Bundesamt für den Güterverkehr immer wieder unterschiedliche Auskünfte zur Maut erteilt. Die hier
erläuterten Zusammenhänge und Gesetzesauslegungen stellen den gegenwärtigen Sachstand dar.
Ob die Aussagen zur Maut für die Land- und Forstwirtschaft auf Dauer so bestehen bleiben, ist momentan nicht sicher. Es ist davon auszugehen, dass es weitere Änderungen und Anpassungen geben wird. Die nächste Änderung zur Maut ist bereits beschlossen: Anfang 2019 wird nicht mehr die Anzahl der Achsen, sondern das zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge berücksichtigt.
Fest steht: Die Maut kommt zum 1. Juli auf allen Bundesstraßen. Für alle Lkw-ähnlichen Fahrzeuge wird die Maut fällig sein. Landwirte und Lohnunternehmer, die mautfrei fahren wollen, sollten ihre Schlepper auf 40 km/h drosseln.
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: "Treckermaut" – Großer Aufwand, kleiner Ertrag