Die deutsche Wirtschaft schrammt im Herbstquartal knapp an einer Rezession vorbei. Das Bruttoinlandsprodukt legte in den Monaten Juli bis September leicht zu. Im dritten Quartal 2019 nahm das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Vorquartal um 0,1 % zu, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im zweiten Quartal hatte es einen Rückgang um 0,2 % gegeben, nachdem Europas größte Volkswirtschaft zum Jahresauftakt nach neuen Berechnungen ein Wachstum von 0,5 % verbuchte.
Das schmale Wachstum im dritten Quartal kommt zwar überraschend, liegt aber nicht weit von den im Vorfeld abgegebenen Prognosen entfernt. Einen dramatischen Absturz der deutschen Wirtschaft hatten die meisten Volkswirte nach mittlerweile gut zehn Jahren Aufschwung ohnehin nicht erwartet. Allerdings erwarten die Bundesregierung sowie führende Wirtschaftsforschungsinstitute für das Gesamtjahr 2019 deutlich weniger Wirtschaftswachstum als im vergangenen Jahr. Die jüngsten Prognosen gehen von 0,5 % aus. 2018 hatte die deutsche Wirtschaftsleistung noch um 1,5 % zugelegt.
Verunsicherung bremst Investitionen
Internationale Handelskonflikte und das Drama um den Brexit belasten vor allem die exportorientierte deutsche Industrie schwer. Die Verunsicherung bremst Investitionen.
Bei den Exporten konnte der deutsche Außenhandel im September überraschend starke Zahlen verbuchen. Auf Jahressicht liegen die Ausfuhren mit 997,1 Mrd. € noch knapp 1 % im Plus. Große Hoffnungen liegen nach wie vor auf dem privaten Konsum, der sich mehr und mehr zu einer wichtigen Konjunkturstütze entwickelt. Ein Grund für Zuversicht liegt hier in den weiterhin sehr niedrigen Arbeitslosenzahlen. Allerdings dämpft die schwächelnde Konjunktur zunehmend auch die Stimmung der Verbraucher.
Wirtschaftliche Entwicklung
Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute für Deutschland lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen:
- Rohölpreis je Barrel (Brent): 64,3 US-$ 2019, 63,8 US-$ 2020, 65,1 US-$ 2021.
- Welthandel: –0,8 % 2019, +0,7 % 2020, +2,4 % 2021.
- Wechselkurs: 1,12 US-$/€ 2019, 1,10 US-$ 2020 und 2021.
- Der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank wird bis 2021 bei 0,00 % liegen.
Die Konjunkturschwäche in Deutschland ist im Wesentlichen eine Rezession in der Industrie. Verantwortlich sind vor allem außenwirtschaftliche Belastungen. Die Unsicherheiten führen dazu, dass Investitionen zurückgestellt werden. Die Industrie-Rezession strahlt mittlerweile auch auf unternehmensnahe Dienstleister aus. Von 2020 an erwarten die Wirtschaftsforschungsinstitute eine leichte Belebung des globalen Handels, die weltweite Investitionsdynamik dürfte aber schwach bleiben.
Auch die Importe entwickeln sich schwach, allerdings entwickeln sie sich besser als die Exporte, sodass der Außenhandel insgesamt negativ auf das BIP wirkt. Die Bauinvestitionen werden weiter expandieren, wenn auch mit etwas geringerem Tempo. Im Wohnungsbau sind Auftragsbestand und Auftragseingänge auf hohem Niveau, die Finanzierungsbedingungen sind gut und die Einkommen nehmen weiter zu. Angesichts der hohen Kapazitätsauslastung ist jedoch ein spürbarer Preisanstieg zu erwarten, was die Nachfrage nach Wohnimmobilien bremsen dürfte.
Im gewerblichen Bau wird die Dynamik infolge der allgemeinen Investitionsschwäche nachlassen, positive Impulse kommen jedoch von Investitionsprojekten der Deutschen Bahn sowie vom Breitbandausbau.
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