Kritik an der Nutztierhaltung ernst nehmen

Der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte (bpt) hat angekündigt, zusammen mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) der zunehmenden Kritik zur Nutztierhaltung in Deutschland zu begegnen und erforderliche Maßnahmen einzufordern.

Wie bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz und bpt-Geschäftsführer Heiko Färber vergangenen Donnerstag vor Journalisten in Berlin betonten, sind die praktizierenden Tierärzte eng in die Tierhaltung und deren Produktionsprozesse eingebunden. Sie seien maßgeblich für Gesundheit, Leistungserhaltung und Krankheitsprophylaxe der Tiere verantwortlich, für mögliche Missstände trügen sie allerdings keine Schuld. Im Zuge der Bestandesbetreuung könnten sie nur beratend eingreifen; die Umsetzung von Maßnahmen liege in der Verantwortung des Landwirtes. Um Veränderungen zu erreichen, die nach Meinung des bpt dringend geboten sind, sei ein gemeinsames Vorgehen von Bauernschaft und Tierärzten sinnvoll.

Keine Größendiskussion

Obergrenzen für Betriebsgrößen lehnt der bpt allerdings ab. Kleinere Betriebe böten nicht automatisch bessere Bedingungen, und größere Unternehmen seien nicht per se problematisch, unterstrich Götz. Allerdings erforderten unterschiedliche Größen und Formen der Tierhaltungen ein anderes Haltungsmanagement, um den Ansprüchen der Tiere gerecht zu werden. Aufstallungsformen, Fütterungsanlagen sowie Tränke- und Lüftungseinrichtungen müssten angepasst werden. Haltungssysteme sollten dabei nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltet sein, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Tiere berücksichtigt würden, betonte Götz. Dafür sollte die Forschung verstärkt werden.

Von zentraler Bedeutung für das Tierwohl sei statt der Betriebsgröße die fachliche Kompetenz des Personals. Neben Schulungen und Nachweisen schlägt der bpt auch Sanktionsmöglichkeiten und Entzug des Nachweises vor, wenn Missstände auftreten. Der bpt-Präsident hob hervor, dass nicht alle bisherigen Arbeiten zwangsläufig vom Amtstierarzt oder praktizierenden Tierarzt durchgeführt werden müssten. Hätten die Landwirte mehr Handlungskompetenzen, könnten Zeitaufwand und Kosten eingespart werden. Die Vergabe von Betäubungsmitteln sollte dagegen beim Veterinär verbleiben.

Fokussierung auf Gesundheit und Leistung reicht nicht

Die frühere Fokussierung auf Gesundheit und Leistung in der Nutztierhaltung reiche nicht mehr aus, erklärte Götz. Tierschutz und Tiergerechtigkeit seien neue Schlagworte, die man ernst nehmen müsse. Neben der Analyse und Verbesserung der bestehenden Tierhaltungsformen will Götz vor allem die zootechnischen Maßnahmen wie Ferkelkastration, Kupieren von Schwänzen oder Enthornung bei Rindern hinterfragen und gegebenenfalls nach Alternativen suchen.

Um eine bessere Versorgung und Lenkung der Bestände zu erreichen, befürwortet der bpt zudem eine kontinuierliche tierärztliche Bestandesbetreuung nach festgelegtem Muster, losgelöst von der Medikamentengabe. Dies sollte im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems wie das der Qualität und Sicherheit GmbH (QS) oder durch den Gesetzesgeber, beispielsweise im Zuge von Cross Compliance, verbindlich gemacht werden.

Resistenzmonitoring verbessern

Um die Seuchenbekämpfung zu optimieren, fordert der bpt, dass nicht nur der Amtsveterinär, sondern auch der praktizierende Tierarzt unter bestimmten Bedingungen vor Ort Organe entnehmen oder Proben ziehen dürfe. Somit könne eine schnellere Diagnose erfolgen. Auch sinke die Schwelle für Landwirte, Verdachtsfälle zu melden, meinte Götz. Eine schnelle Krankheitsbestimmung und frühzeitige Behandlung verbesserten die Heilungsaussichten, verkürzten die Behandlungsdauer und reduzierten so gleichzeitig den Einsatz von Antibiotika.

Als weitere Möglichkeit zur Reduzierung der Antibiotika verwies Götz auf Impfmöglichkeiten. Dadurch könnten Tierverluste begrenzt und Kosten reduziert werden. Es sei wichtig und notwendig, bei hochansteckenden Seuchen Impfungen in die Bekämpfungsstrategie aufzunehmen. Allerdings müssten gleichzeitig Absatz und Handel von Fleisch geimpfter Tiere sichergestellt werden. Hier sei der Gesetzgeber gefordert. AgE


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