Grüner Mitesser

Galten Misteln früher als selten, breiten sie sich mittlerweile zunehmend aus und werden für Waldbesitzer und Baumpfleger zum Problem.

Wenn landläufig über die Mistel gesprochen wird, ist die immergrüne, weißbeerige Mistel (Viscum album L.) gemeint. Die sommergrüne, gelbbeerige Eichenmistel oder Eichenriemenblume kommt in Deutschland aktuell nur im Elbtal süd­östlich von Dresden vor. Ihr Hauptverbreitungsgebiet befindet sich in Südosteuropa.

Die einheimische Mistel ist hingegen in Mitteleuropa weit verbreitet, auf verschiedenen Baumarten zu finden und scheint von den Klimaveränderungen zu profitieren. So ergab die Auswertung verschiedener Klimadaten einen positiven Einfluss der Jahresdurchschnitts­temperatur auf den Mistelbefall.

Gefährtdete Streuobstbestände
Vor dem Befall von Obstbäumen durch die Laubbaummistel hat kürzlich der Naturschutzbund Deutschland (NABU) gewarnt und zugleich ein entschlossenes Vorgehen, vor allem auf Streuobstwiesen, angemahnt. Besonders häufig betroffen sind laut NABU Apfelbäume sowie Eber­eschen. Keine Gefahr bestehe hingegen für Birnen, Kirschen, Pflaumen oder Zwetschgen. Der Verband rät, im Spätwinter und zeitigen Frühjahr die befallenen Obstbäume zu beschneiden. Äste mit Mistelbefall sollten demnach mindestens 30 bis 50 cm ins gesunde Holz zurückgeschnitten werden. Der Sprecher des NABU-Fachausschusses für Streuobstwiesen Markus Rösler betonte, dass Misteln nicht unter Schutz stünden. Sie dürften geschnitten werden und sollten es auch. AgE

Die Mistel wirft ihre Früchte nicht ab. Jede Beere, die auf dem Boden landet, ist für die Fortpflanzung verloren. Die Verbreitung der Samen erfolgt durch Vögel, denen die Früchte als Winternahrung dienen. Mistel-, Wacholderdrossel und Seidenschwanz schlucken die gesamte Frucht und scheiden dann den Mistelkern und die unverdaute Fruchthülle wieder aus. Die Misteldichte und die Verteilung innerhalb eines Bestandes hängt also im Wesentlichen von der Nähe eines bereits etablierten Mistelbusches und der Verteilung der Vögel ab.

Die Etablierung an der Wirtspflanze erfolgt im ersten Schritt über das klebrige Fruchtfleisch, das den Kern umhüllt und ihn am Ast oder Zweig, seltener auch am Stamm, hält. Zur Keimung bedarf die Mistel Wärme und Licht. Sie kann ab Ende März/Anfang April beobachtet werden. Die Mistelsenker, bei anderen Pflanzen die Wurzel, wachsen nicht aktiv in den Holzkörper ein, sondern werden durch das sekundäre Dickenwachstum der Wirtspflanze sukzessive eingewachsen. Frühestens im vierten Jahr hat sich die Mistel an die Wasserleitbahnen der Wirtspflanze angeschlossen und beginnt das eigentliche Wachstum.

Bekämpfung der Mistel

Die Mistelbekämpfung ist ausgesprochen schwierig und vielleicht im Obstbau am ehesten möglich. Zielführendste Methode ist dabei das frühzeitige Ausbrechen der jungen Mistelpflanzen. Diese Maßnahme ist praktisch jedoch kaum durchführbar, da man häufig erst beim Älterwerden der Mistelbüsche auf den Halbschmarotzer aufmerksam wird, sodass nur das gründliche Ausschneiden befallener Stellen bleibt. Die Rinde muss dabei bis auf das Holz ausgeschnitten werden und so weit, wie die Mistelwurzeln reichen, entfernt werden, damit sich keine Adventiv­knospen bilden können.
Das bloße Abschneiden der Mistelbüsche genügt nicht, weil sonst die Gefahr besteht, dass immer wieder neue Ausschläge entstehen.

Noch wirk­samer ist aus diesem Grund der bei vereinzeltem Auftreten der Mistel mögliche Aushieb des befallenen Baumteils.
Für Obstbäume, in Baumschulen, schützenswerten Samenerntebeständen und kleinen Park­anlagen ist die Bekämpfung unbedingt erforderlich.

Im Wald ist die Ausbreitung der Mistel kaum einzudämmen. Dennoch sollte gerade in Beständen mit noch geringen Befallsraten der Mistelbefall als negatives Vitalitätskriterium bei Durchforstungsmaßnahmen berücksichtigt und befallene Bäume nicht begünstigt werden. Die Fällung stark befallener Bäume, die als „Mistelquelle“ fungieren, ist in jedem Fall zu empfehlen. Ansonsten kann im Wald nur durch den Anbau mistelharter Baumarten bzw. mistelharter Herkünfte, sofern solche bekannt sind, präventiv gegen die Mistel gewirtschaftet werden. Dabei kommt der Rotbuche und den Eichen eine besondere Bedeutung zu. Dr. Ralf Petercord, Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)