Frisches Geld für Breitband auf dem Land

Bund und Land fördern den Breitband-Ausbau in NRW mit 330 Mio. €. Ein erheblicher Teil des Geldes soll dem ländlichen Raum zugute kommen. Wie groß der Nachholbedarf ist, zeigt der Netz-Vergleich mit anderen europäischen Ländern: Er fällt beschämend aus.

Für den Ausbau des Breitbandnetzes haben Bund und Land NRW neue Fördergelder in Höhe von 330 Mio. € freigegeben. Das gaben das Bundesverkehrsministerium und das Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt. Demnach sollen vom Bund 176 Mio. € und vom Land NRW 154 Mio. € in den Ausbau der Breitband-Internetverbindungen investiert werden. Bis Ende 2018 sollen laut NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin rund 163.000 Haushalte und über 8.000 Unternehmen im Land an das schnelle Internet angeschlossen werden.

Wohin fließt das Geld?

Die Mittel fließen zu einem überwiegenden Teil in das ländliche Westfalen-Lippe. Das geht aus einer Übersicht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur hervor. Demnach verteilen sich die Fördergelder folgendermaßen (aufgerundet – die Liste ist nach Höhe der jeweiligen Summe geordnet):

  • Kreis Warendorf: 29,66 Mio. €
  • Kreis Soest: 14,99 Mio. €
  • Kreis Minden-Lübbecke: 14,82 Mio. €
  • Gemeinde Nümbrecht: 13,19 Mio. €
  • Märkischer Kreis: 12,67 Mio. €
  • Kreis Lippe: 11,44 Mio. €
  • Stadt Hamm: 10,33 Mio. €
  • Gemeinden Neuenkirchen, Metelen, Mettingen, Nordwalde, Saerbeck, Wettringen: 10,90 Mio. €
  • Hochsauerlandkreis: 9,33 Mio. €
  • Stadt Bielefeld: 7,89 Mio. €
  • Oberbergischer Kreis: 6,49 Mio. €
  • Rhein-Kreis-Neuss: 3,95 Mio. €
  • Stadt Halle/Westf.: 3,73 Mio. €
  • Gemeinde Raesfeld: 2,16 Mio. €
  • Rheinisch-Bergischer Kreis: 1,96 Mio €
  • Gemeinde Engelskirchen: 1,34 Mio. €
  • Stadt Emsdetten: 1,24 Mio. €

Die „Teutoburger Planungs- und Dienstleistungsgesellschaft mbH“ erhält für den Breitbandausbau 20,36 Mio. €.

Das NRW-Wirtschaftsministerium teilte mit, dass schon heute 82,2 % der Haushalte in NRW auf einen Breitband­anschluss mit mindestens 50 Mbit/s zugreifen könnten. Damit liege NRW „unter den Flächenländern bundesweit an der Spitze der Breitbandversorgung“, so Landeswirtschaftsminister Garrelt Duin. Bundesweit liege der Anteil schneller Breitbandanschlüsse bei 75 %, erklärte Alexander Dobrindt bei der gestrigen Bekanntgabe der Fördergelder. "Wir haben nun die höchste Dynamik beim Breitbandaubau in Europa." Allerdings ist gerade in Deutschland der Nachholbedarf am höchsten, wie Experten seit längerem kritisieren.

Netz ist schneller in Bulgarien und Rumänien

Schon die tatsächlichen Durchleitungsgeschwindigkeiten sprechen – entgegen den "Erfolgsmeldungen" aus Bund und Land – eine andere Sprache. So erstellt die US-amerikanische Computerfirma Akamai vierteljährlich einen „State-of-the-Internet“-Report. Demnach erreicht Deutschland eine durchschnittliche Surfgeschwindigkeit von gerade einmal 14,6 Megabit pro Sekunde (MB/sec).

Das Hochindustrieland liegt damit weltweit und auch europaweit abgeschlagen auf den hinteren Rängen. Der nationale Netzverkehr bewegt sich hierzulande – den als verlässlich geltenden Akamai-Daten zufolge – auf dem Niveau von Litauen und ist langsamer als in Bulgarien (15,6 MB/sec), Rumänien (16,1 MB/sec), Lettland (17,2 MB/sec) oder den skandinavischen Ländern. Der europäische Spitzenreiter Norwegen verzeichnet einen Durchschnittswert von 23,6 MB/sec. Im globalen Ranking der durchschnittlichen nationalen Netzgeschwindigkeit liegt Deutschland gerade einmal auf Platz 33.

Glasfaser ist sehr selten

Hinzu kommt ein weiterer Negativ-Rekord: In Deutschland bestehen derzeit nur 1,6 % aller Breitbandanschlüsse aus den besonders leistungsfähigen Glasfaserleitungen. Mit diesem verschwindend geringen Anteil liegt Deutschland nach Recherchen des Berliner "Tagesspiegel" im OECD-Vergleich hinter Ländern wie Chile und Italien.

Und auch diese Zahl spricht für sich: In Japan, dem Partnerland der diesjährigen Computermesse CeBIT, beträgt laut "Tagesspiegel" der Anteil der zukunftsträchtigen Glasfaseranschlüsse 74,1 %. – Zu Jubel über ein angebliches "Turbo-Internet", aus wessen Munde auch immer, besteht hierzulande also kein Anlass. Gisbert Strotdrees