Erntedankerklärung von DBV, DLV, KLB und EDL

<i>In ihrer Erntedankerklärung rufen der Evangelische Dienst auf dem Lande der EKD (EDL), die Katholische Landvolkbewegung Deutschland (KLB), der Deutsche LandFrauenverband (dlv) und der Deutsche Bauernverband (DBV) zu einer sachgerechten, fairen Diskussion und zu einem Dialog durch Begegnung auf. Hier die Erklärung im Originalwortlaut:</i>

„Beim Rückblick auf das Jahr 2015 bleibt bei vielen Bäuerinnen und Bauern die öffentlich geführte Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der Landwirtschaft haften. Dieses Thema polarisiert derzeit weite Teile der Gesellschaft. Die Lösungsansätze und Vorstellungen über den richtigen Weg könnten unterschiedlicher nicht sein. Immer mehr Bauernfamilien haben das Gefühl, dass eine wachsende Zahl von Menschen ihre Arbeit nicht mehr versteht, ihnen zum Teil misstraut. Dies berührt sie stark und stellt ihr Selbstverständnis in Frage.

Unsere Bauernfamilien sind fester Bestandteil unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Sie gehören für uns angesichts der Bedeutung ihrer Leistungen in die Mitte der Gesellschaft. Ihr Beitrag ist von hoher Relevanz: verantwortungsvoll die tägliche Ernährung sichern, vielfältige Kulturlandschaften schaffen und erhalten, für einen weitgehenden Umwelt- und Naturschutz sorgen, weiterhin das wirtschaftliche Rückgrat der ländlichen Räume bilden und sich aktiv in die Gestaltung des Zusammenlebens dort einbringen.

Schwieriges Erntejahr 2015

Die wirtschaftliche Situation in den landwirtschaftlichen Betrieben ist 2015 sehr angespannt. Die Getreideernte ist wegen der außergewöhnlichen Trockenheit in einigen Teilen Deutschlands schlechter ausgefallen als in den Vorjahren. Große Sorge bereiten die massiv gesunkenen, Existenz bedrohenden Erlöse bei fast allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, besonders bei Schweinefleisch, Milch und Obst.

Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen diese existenziellen Probleme und Nöte nicht ausreichend wahr. Dank und Respekt für die Leistungen der Land- und Ernährungswirtschaft sind verloren gegangen. Die nach wie vor übervollen Lebensmittelregale sind zur Selbstverständlichkeit geworden, profitiert wird von der Niedrigpreisstrategie des Lebensmitteleinzelhandels. Dabei sollten wir alle zumindest zu Erntedank angesichts der Ernährungssituation auf der Welt und zahlreicher bedrohlicher Krisen allen Grund haben, auch für eine durchschnittliche Ernte von guter Qualität dankbar zu sein und die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern anzuerkennen.

Große Verantwortung für die Wertschätzung unserer Lebensmittel sowie für die Menschen, die sie erzeugen, liegt auch beim Lebensmitteleinzelhandel.

Dialog durch Begegnung

EDL, KLB, DBV und dlv stehen für den dringend notwendigen Dialog zwischen Bauernfamilien, Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Dialog innerhalb der Wertschöpfungskette und den politischen Dialog über die Grenzen der Parteien und Interessenverbänden hinweg - ohne Profilierung zu Lasten der Bauernfamilien. Dieser Dialog muss vor Ort durch Begegnungen auf den Höfen und in den Dörfern geführt werden, in den Städten, auf den Marktplätzen und sich in den sozialen Netzwerken fortsetzen. Strittige Themen müssen in einen sachlichen Diskurs gebracht werden. Toleranz und Fairness sind genauso notwendig wie die gegenseitige Anerkennung von praktischen Erfahrungen und beruflicher Qualifikation. Kirchen und Verbände sehen es als unabdingbar an, den Dialog zwischen Landwirtschaft und den gesellschaftlichen Gruppen zu fördern und zu intensivieren. Ihr Appell richtet sich gleichermaßen an Verbraucherinnen und Verbraucher wie an Landwirtschaft und Handel, an Politik und Wissenschaft, an Tierschutz und Naturschutz sowie an Entwicklungsorganisationen.

Es ist notwendig, aufeinander zuzugehen und den Diskurs unvoreingenommen zu führen, statt in Konfrontation und Ideologie zu verharren. Durch persönliche Begegnung kann dieser Dialog gelingen. Mit Offenheit und Kritikfähigkeit gleichermaßen ist Respekt und Akzeptanz für eine moderne leistungsfähige Landwirtschaft am Standort Deutschland zu entwickeln, die nachhaltig und konkurrenzfähig bleibt und die Bauernfamilien adäquate Einkommen erzielen lässt.

Toleranz, gegenseitige Wertschätzung, das Vertrauen auf Erfahrung und Wissen der Bäuerinnen und Bauern und die Achtung des Andersdenkenden sind Voraussetzungen für überzeugende persönliche Begegnungen, die im Ergebnis tragbare Perspektiven aufzeigen müssen. Schließlich geht es um nicht weniger als um die Zukunft einer von Bauernfamilien getragenen heimischen Landwirtschaft und damit um einen wesentlichen Grundpfeiler für ein zukunftsfähiges, lebenswertes Land.

Quelle: topagrar.com