Erbrecht: Zählt das Heuerlingshaus zum Hof?



Unter das Höfeprivileg fallen die Grundstücke, die landwirtschaftlich genutzt und regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werden.Was aber ist mit Flurstücken, auf denen zum Beispiel ein vermietetes Heuerlingshaus oder eine Windkraftanlage steht oder die als Bauland ausgewiesen sind und zu einem Hofgrundstück laut Grundbuch gehören?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden: Die Hofzugehörigkeit nach § 2 Höfe O erstreckt sich nicht zwingend auf ein Grundstück im Ganzen. Besteht das Grundstück aus mehreren im Kataster aufgeführten Flurstücken, können einzelne Flurstücke zum Hof gehören, andere dagegen nicht.

Die Höfeordnung
Die in Nordwestdeutschland geltende Höfeordnung (Höfe O) verfolgt ein Ziel: Leistungsfähige landwirtschaftliche Betrieb sollen im Erbgang nicht zerschlagen werden. Deshalb erbt etwa nur ein Kind den Hof. Und die weichenden Erben (Geschwister) erhalten relativ niedrige Abfindungen, berechnet nach dem Hofeswert.

Ein Fall aus Winsen (Luhe)

Das Landwirtschaftsgericht in Winsen hatte das Grundbuchamt ersucht, als Bauland ausgewiesene Flurstücke wegen ihrer fehlenden Hofzugehörigkeit von dem mit dem Hofvermerk versehenen Grundbuchblatt abzutrennen und auf ein anderes Grundbuchblatt zu übertragen. Das Amt weigerte sich. Es meinte, der Eigentümer müsse das Gesamtgrundstück teilen, erst danach könne man die Umschreibung vornehmen.

Die Rechtsbeschwerde des Gerichtes landete beim BGH. Die Richter hoben die bislang vorherrschende Rechtsmeinung auf, wonach der „ Grundstücksbegriff“ laut Bürgerlichen Recht einheitlich gelten müsse. Denn eine nur teilweise Zugehörigkeit zum Hof und die damit einhergehende getrennte Vererbung setzten eine Teilung des Grundstücks voraus. Die Teilung wiederum könne nur aufgrund einer Erklärung des Eigentümers erfolgen. Eine Nachlassspaltung sei nicht sinnvoll.

Ausnahmeregel begrenzt

Der BGH teilt diese Rechtsansicht nicht. Auch einzelne Flurstücke, die kein Grundstück im Rechtssinne sind, können Bestandteil eines Hofes oder aber hoffrei sein. Die Höfe O gestalte die Erbfolge in einen Betrieb abweichend vom allgemeinen Erbrecht, um lebensfähige Höfe geschlossen zu erhalten. Dieses Ziel rechtfertige die damit verbundene Schlechterstellung der weichenden Erben, begrenze aber zugleich den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung.

Für eine Ausweitung auf Gegenstände, die mit dem Hof nicht untrennbar verbunden seien, bestehe kein Bedürfnis, so der BGH. Die weichenden Erben müssten sich daher auch nicht auf die Möglichkeit eines Zuschlags zum Hofeswert (§ 12 Höfe O) verweisen lassen, wenn Teile eines hofzugehörigen Grundstücks dem Hof nicht mehr dienten.

Folgen für die Praxis

WLV-Rechtsanwalt Hubertus Schmitte kommentiert die neue Rechtsprechung des BGH so:

  • In Zukunft wird das Landwirtschaftsgericht das Grundbuchamt ersuchen können, einzelne Flurstücke von einem einheitlichen, mit einem Hofvermerk versehenen Grundstück abzutrennen. Auf diesen Flurstücken stehen zumeist Heuerlingshäuser (vermietet) oder Windkraftanlagen. Aber auch Bauland, das erschlossen ist und nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird, gehört nicht mehr zum Hof.
  • Beim Tod des Hofeigentümers (Erbfall) können die weichenden Erben beim Landwirtschaftsgericht beantragen, dass nicht vom Hof aus landwirtschaftlich genutzte Teile eines Grundstücks als hofesfrei abgetrennt und dem allgemeinen Nachlass zugeschlagen werden. Sie werden damit Erfolg haben, wenn das Hofgrundstück aus mehreren Flurstücken laut Kataster besteht. Nach der Abtrennung werden die Flurstücke nach dem BGB-Erbrecht vererbt: Alle Kinder erben zu gleichen Teilen.
  • Hofeigentümer, die ihren Erben den Ärger ersparen möchten, sollten ihren Nachlass frühzeitig durch ein Testament, einen Erbvertrag oder Übergabevertrag regeln. Dabei können sie auch anordnen, dass Grundstücksteile, die landwirtschaftsfremd genutzt werden, an den Hoferben fallen sollen (Az. V TB 1/12). As