Den Hof in fremde Hände geben?

Die Erwartungen sind groß – doch ist die Hofnachfolge außerhalb der Familie wirklich ein Modell, das den Strukturwandel in der Landwirtschaft abfedern und vielen kleinen Dörfer etwa in Ostwestfalen oder Nordhessen neues Leben einhauchen kann? Darüber wurde bei der Fachtagung des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen (HLBS) in Göttingen diskutiert.

Christian Vieth (Uni Kassel) beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Hofnachfolge. Im September 2013 hat er eine Beratungs GmbH & Co. KG gegründet (hofgründer.de ). Sie vermittelt im Internet Kontakte von Landwirten ohne Nachfolger mit potenziellen Übernehmern und bietet gleichzeitig Beratung an.

Hofnachfolge oft ungewiss

In Deutschland gibt es noch etwa 300.000 landwirtschaftliche Betriebe. Rechnerisch wirtschaftet eine Generation 30 Jahre. Folglich stehen pro Jahr etwa 10.000 Hofübergaben an. Nach einer repräsentativen Umfrage sehen von den über 45-jährigen Landwirten derzeit nur etwa 30 % ihre Nachfolge als gesichert an. 70 % sagen, dass ihre Nachfolge unsicher ist oder der Betrieb ausläuft.

Warum fehlt Hofnachfolger?
Fragt man die Landwirte nach den Gründen für das Fehlen eines Hofnachfolgers, zeichnet sich ein buntes Bild: In etwa 50 % der Fälle haben die Kinder der Bauern kein Interesse an Ackerbau und Viehzucht, 25 % geben fehlende wirtschaftliche Perspektiven an, 20 % der Befragten haben keine Kinder. Und in etwa 5 % aller Fälle spielen Konflikte etwa zwischen Vater und Sohn eine Rolle, warum der Hof nicht fortgeführt wird.

Seit 2008 betreibt Vieth eine Hofbörse im Internet, die eigentlich Berater Burkhard Heckmann des Hessischen Landesamtes für Landwirtschaft erfunden hat. 2012 hat Vieth nach eigenen Angaben bundesweit 3.000 Kontakte über seine Börse vermittelt.

Kommen sich beide Seiten näher, gibt es viele Möglichkeiten, wie man die Hofnachfolge außerhalb der Familie gestalten kann: Mit einem Übergabevertrag, langfristigen Pachtvertrag, Gründung einer GbR, Verkauf des Hofes an den Nachfolger auf Renten- oder Ratenbasis oder die Übertragung des Hofes an einen gemeinnützigen Träger (Stiftung) und Rückpacht durch den jungen Landwirt.

Viele Verträge möglich

Doch jeder Einzelfall sieht anders aus. Laut Vieth melden sich die Hofabgeber häufig zu spät, um einen Nachfolger zu suchen. Ideal sei die Kontaktaufnahme mit Anfang 50. Dann bleibe ausreichend Zeit, um festzustellen, ob das Arbeiten und Zusammenleben auf dem Hof funktioniere. Ein Problem: Es gibt viele hochmotivierte junge Leute, die einen Fachschul- oder Studienabschluss in der Tasche und zuhause keinen Hof haben. Sie haben gute Ideen – aber wenig Geld auf dem Konto oder finanzstarke Eltern im Rücken.

Wie soll der Einstieg klappen, wenn der Hofbesitzer allein etwa 300.000 oder 400.000 € für das vorhandene Umlaufkapital (Maschinen, Vieh, Vorräte, Saatgut, Dünger usw.) vom Nachfolger fordern kann?

Konflikte drohen auch, wenn die berufstätigen Kinder des Hofbesitzers mit Unbehagen beobachten, dass ihre Eltern den Betrieb an einen Fremden abgeben wollen. Was wird aus ihrem Erbe? Vieth: „Es gibt keine Patentrezepte, wie man die Probleme lösen kann. Wichtig ist, dass Eltern und Kinder im Gespräch bleiben und sich auf gemeinsame Ziele verständigen.“

Wie viele außerfamiliäre Hofabgaben über die Hofgründerbörse bislang erfolgreich gelaufen und wie viele gescheitert sind, dazu machte Vieth keine Angaben. Ihm ist auch bewusst, dass seine Initiative beim Bauernverband und der staatlichen Beratung (Ämter für Landwirtschaft, Landwirtschaftskammer) auf Skepsis stößt. Denn mit jeder Hofübertragung sind immer auch rechtliche und steuerliche Fragen zu klären. Zum Beispiel drohen Zahlungen ans Finanzamt, wenn Betriebsvermögen ins Privatvermögen überführt wird und stille Reserven aufgedeckt werden.

Keine Sozialromantiker

Doch Vieth sieht sich nicht als Konkurrent des Bauernverbandes. „Wir sind keine Sozialromantiker. Wir wollen auch nicht jeden Hof retten“, so der Geschäftsführer wörtlich. Doch es gebe große Nachfrage und Beratungsdefizite. Eine wachsende Zahl von Landwirten wollten ihren Hof erhalten. Sie wünschten vom Nachfolger auch ein gesichertes Altenteil.

Vieth: „Die älteren Bauern wissen nur zu gut, dass sie ihren Nachfolger bei den Pacht- oder Ratenzahlungen nicht überfordern dürfen. Doch Geld spielt in vielen Fällen auch nicht die Hauptrolle. Es geht um Vertrauen. Es geht darum, dass eine junge Familie auf dem Hof bleibt und das aufgebaute Vermögen erhält.“ Armin Asbrand


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