Intensität und Sorgfalt bei der Kälberaufzucht haben messbare Auswirkungen auf den Gesundheitsstatus und die Leistungsbereitschaft der späteren Milchkuh. Prof. Dr. Martin Kaske lehrte, mit welchen Maßnahmen die Tierverluste in der Schweiz verringert und der Lebensstart der Kälber verbessert wird:
- Die Spurenelementversorgung des Muttertieres muss auch in der Trockenperiode vor der Kalbung sichergestellt sein. Letzte Auskunft über den Versorgungsstatus gibt eine Blutuntersuchung mit besonderer Beachtung des Selengehalts.
- Tierverluste können auch mit der Vaterlinie des Muttertieres in Verbindung gebracht werden. Vererbt der Muttervater Leichtkalbigkeit, so dürften die Nachkommen eher leichte Tiere sein. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit groß, später Probleme bei der Geburt zu haben. Allerdings ermöglicht die Zuchtwertschätzung, zwischen Leichtkalbigkeit und späterem Abkalbeverhalten zu unterscheiden.
- Ziel sollte es bei den Geburten sein, dass bei mehr als 80 % der Geburten keine Eingriffe vorgenommen werden müssen. Die Totgeburtenrate sollte weniger als 5 % der Geburten ausmachen.
- In aller Regel ist die Milch-fieberprophylaxe bei Mehrkalbskühen sinnvoll. Die Gabe wachsüberzogener Boli mit Calciumsulfat oder Calciumchlorid in Verbindung mit einem Vitamin D3-aufgewerteten Mineralfutter über die letzten 14 Tage vor der Geburt eignen sich als Prophylaxe.
- Es muss sichergestellt werden, dass das Kalb nach der Geburt innerhalb von 30 Minuten trocken ist. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass diese Tiere höhere Kolostrumaufnahmen haben.
- Wer Zweifel an der Qualität und der aufgenommenen Menge an Kolostrum hat, muss das Blutserum des Kalbes auf seinen Gehalt an Gesamteiweiß untersuchen: 75 % der Kälber sollten zwischen dem 2. und 10. Lebenstag einen Gesamteiweißgehalt von über 55 g je Liter Blutserum aufweisen.
- In der Schweiz werden sogenannte Kälberbooster mit Vitaminen und Spurenelementen nach der Geburt verabreicht. In Deutschland wären sie als dauerhaft prophylaktische Maßnahme im Gesamtbestand nicht zulässig. Der Hinweis für die Praxis: Auf die Blutwerte bei den Kälbern achten, vor allem auf den Eisen-/Hämoglobingehalt.
- Gerade bei hohem Keimdruck– Kryptosporidien – ist ein zeitweiser Leerstand von Abkalbe- und Kälberboxen empfehlenswert. Drei Tage Leerstand sind eine sehr wirksame Vorbeugung gegen hartnäckige Infektionsketten im Rinderstall.
- Die Einstreumenge ist ein Gradmesser für den möglichen Krankheitsdruck. Als Orientierung: Es muss so viel Stroh in den Stall, dass die Hinterbeine beim liegenden Kalb nicht zu sehen sind.
- Das Drenchen von Kälbern als Standardmaßnahme im Betrieb ist allein aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht zugelassen. Im Einzelfall ist das Drenchen aber notwendig, beispielsweise wenn das Kalb weniger als 1 l Kolostrum in der ersten Stunde nach der Geburt aufgenommen hat.
- Kälber erreichen über ihre Genetik eine Zunahme von mindestens 700 g/Tag von Geburt an. Dies gilt es mindestens zu erreichen. In diesem Sinne hat sich das Tränken ad libitum weit verbreitet. Zum Vermeiden von Leistungseinbrüchen beim Abtränken (ab 5. bis 6. Woche) ist auf eine kontrollierte Milchreduktion zu achten: maximal 2 l Milch pro Woche weniger.
- Jede Umstallung ist gerade für junge Tiere ein Stressmoment. Darauf sollte in den ersten drei Lebenswochen gänzlich verzichtet werden.
- Durchfall in den ersten fünf Lebenstagen deutet auf Hygieneprobleme in der Abkalbebucht hin. Dünner Kot zwischen dem fünften und neunten Lebenstag ist dagegen eher normal und ist wichtig für die Immunisierung. Wesentlich ist, dass das Kalb weiter trinkt.
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