„Buchen sind wichtiger als Wisente“

Das OLG fällte noch kein Urteil. Vielmehr will der Vorsitzende Richter Hermann Grewing den Sachverhalt weiter aufklären. Es gehe um komplexe öffentlich-rechtliche Fragen aus dem Bereich des Naturschutz- und des Jagdrechts.

Am 8. April 2013 hatte der Verein "WisentWelt Wittgenstein" acht Wisente freigelassen. Für das „einzigartige Artenschutzprojekt“ war zuvor ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden. Beteiligt waren unter anderem der Kreis Siegen-Wittgenstein, das Land NRW (Bezirksregierung Arnsberg) sowie die Rentkammer von Richard Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Nach den Planungen sollten sich die Tiere in einem 4300 ha großen Projektgebiet südlich des Rothaarkamms auf den Sayn-Wittgensteinschen Flächen aufhalten. Mit vier GPS-Sendern am Halsband der Leittiere wollte der Verein den Aufenthalt der Wisente verfolgen und bei Gefahr einschreiten.

Drei GPS-Halsbänder fehlen

Inzwischen ist die Herde auf 22 Tiere gewachsen. Von den vier GPS-Halsbändern fehlen drei, das vierte sendet nur sporadisch Daten. Zwei weitere Jungbullen wandern derzeit Richtung Eifel, zuletzt wurden sie bei Burbach gesichtet.

In den Wäldern der Bauern und im Staatswald richten die Wisente hohe Schälschäden an den Buchen an. Georg Feldmann-Schütte aus Schmallenberg hat bislang 19 .200 € Entschädigung erhalten, Hubertus Dohle etwa 2000 €. Feldmann-Schütte und Dohle hatten den Wisentverein verklagt und beim Amtsgericht und Landgericht Arnsberg Recht bekommen. Vor dem OLG in Hamm ging es nun um die Frage, ob das Verfahren zur Aussetzung der Wisente rechtmäßig abgelaufen ist und die Waldbauern die Beeinträchtigungen dulden müssen.

Richter Grewing wies auf Folgendes hin: Trägerverein und Behörden hätten für die Freisetzungsphase der Wisente zwar einen Vertrag geschlossen, doch bis heute liege keine bestandskräftige Genehmigung zum Aussetzen der Tierart nach dem Bundesnaturschutzgesetz vor. Die Behörden hätten die privaten Interessen der Waldbauern und die öffentlich-rechtlichen Interessen (Naturschutz) abwägen müssen. Durch das Wachstum der Herde habe sich eine Eigendynamik entwickelt.

"Buchen gab es immer, Wisente nie"

Anwalt Friedrich Freiherr von Weichs richtete den Blick auf den Buchenwald. Ohne Not und ohne Rücksprache mit den Waldbauern habe der Trägerverein die Wisente in einem FFH- und Natura-2000-Gebiet freigesetzt, in dem die Buchen besonders geschützt seien. „Es gab bei uns nie die Wisente. Aber immer die Buche. Sie ist uns viel wichtiger als diese Tierart, die im Sauerland nie heimisch war.“ – Am 3. November 2016 will das OLG das Urteil verkünden (Az. 5 U 153/15 und 5 U 156/15). Armin Asbrand


Eine ausführliche Fassung des Berichtes erscheint im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, Fogle 38, am 22. September 2016