Aufhebung der Strafzölle für Stickstoffdünger?

Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) sorgen sich um die Entwicklung der Preise für Mineraldünger. In einem Brief an die EU-Kommission fordern die Branchenvertreter deshalb die Aufhebung von Strafzöllen auf Stickstoffdünger aus Russland und der Ukraine.

Die Zusatzzölle sollten ursprünglich Fälle von Dumping ausgleichen und bestehen für russische Ware bereits seit Mitte der neunziger Jahre. Die Untersuchungen wurden damals vom Europäischen Düngemittelherstellerverband (EFMA) angestoßen. COPA und COGECA halten die Maßnahmen, mit denen die Importe künstlich verteuert werden, vor dem Hintergrund der aktuellen Marktaussichten für ungerechtfertigt. Im Gegenteil verlangen sie ein verstärktes Augenmerk auf monopolistisch durchgesetzte Preiserhöhungen. Zentralasien und Osteuropa außerhalb der Gemeinschaft blieben auch künftig die Hauptanbieter von Stickstoffdünger, während sich in West- und Mitteleuropa eine Produktionslücke von 2 Mio. t auftue.

Gaspreis rechtfertigt keine Verteuerung

Die Konzentration auf Anbieterseite nehme zu, betonen die Branchenvertreter. Neun Unternehmen teilten sich 80 % des Weltmarktes für Ammoniak. Auf europäischer Ebene seien es nochmals deutlich weniger. Deshalb müssten „gesunde und loyale“ Wettbewerbsbedingungen sichergestellt werden. Die Kommission soll eine Untersuchung starten, um die Position der Landwirte zu stärken.

Die jüngsten Verteuerungen seien nicht länger durch die Entwicklung des Gaspreises zu erklären. Verwiesen wird auf eine Schätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), wonach der Weltmarkt bis 2015 von einem 10-prozentigen Stickstoffüberschuss geprägt sein dürfte. Es gebe kurz- und mittelfristig keine Versorgungsengpässe. Als Zeugen rufen COPA und COGECA auch die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) an. Die Branchenvertreter veranschlagen den Preisanstieg für Düngemittel insgesamt auf annähernd 37 % seit 2002. Laut Eurostat verteuerte sich Dünger allein im vergangenen Jahr um fast 15 %.

Alternativen begrenzt

COPA-/COGECA-Generalsekretär Pekka Pesonen erläuterte gegenüber dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe, die Europäische Kommission werde nicht müde, den Landwirten zu sagen, dass sie sich an verschärften Wettbewerb aus Drittländern gewöhnen müssten. Dann müsse man die Märkte auch für günstige Betriebsmittel öffnen. Im Düngemittelbereich hege man Bedenken, sich von Russland als dem zentralen Lieferanten abhängig zu machen.

Alternativen sieht Pesonen allerdings nur beschränkt, beispielsweise durch Ware aus Marokko oder Kanada. Deshalb drängt er auf die Aufhebung zusätzlicher Importhürden wie die Anti-Dumpingmaßnahmen. Die dahinterstehenden Subventionen der russischen Industrie seien heute weniger relevant als früher. Vom Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) verspricht sich Pesonen Vorteile für europäische Erzeuger. In der Vergangenheit habe Moskau öfters einseitige Sanktionen gegen EU-Produkte erhoben. Das Land werde künftig in dieser Hinsicht hoffentlich berechenbarer werden. AgE