Agrarfragen: So sieht es die SPD

Der SPD-Agrarsprecher Dr. Wilhelm Priesmeier hat die Bedeutung der SPD-Bundestagsfraktion für die Agrarpolitik der Großen Koalition unterstrichen. Im Gespräch mit dem Nachrichtendienst "Agra-Europe" warnte Priesmeier davor, den Agrarsektor nur aus der landwirtschaftlichen Brille zu betrachten. Die Perspektive der Verbraucher sei ebenso wichtig wie ökologische und soziale Belange.

Den Grünen bescheinigt Priesmeier das Bemühen, agrarpolitische Themen zu besetzen. Er bezweifelt aber, „dass deren Positionen immer nah an der Realität sind“. Nicht akzeptabel sind für den Abgeordneten polemische Angriffe auf die Landwirtschaft, wie sie aus den Reihen der Grünen zu vernehmen seien. „Als Bauernsohn und Tierarzt, der große Teile seines beruflichen Lebens mit der Landwirtschaft verbracht hat, sehe ich die gegenwärtige Debatte über unsere Landwirtschaft mit großer Sorge“, so Priesmeier.

Unverzichtbar sei für seine Fraktion eine Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), und zwar unabhängig von zusätzlichen Finanzmitteln. Die EU-Direktzahlungen betrachtet Priesmeier als Auslaufmodell.

Keine "Morgengabe" an die Grünen

Der Stellenwert der klassischen Agrarpolitik in der SPD sei „nicht sehr hoch“, räumt Priesmeier ohne Illusionen ein. Im Vordergrund stehe für seine Partei der ländliche Raum: „Wir wollen die Lebensverhältnisse im ländlichen Raum verbessern oder zumindest sichern.“ Die Landwirtschaft spiele für eine positive Entwicklung des ländlichen Raums „keine entscheidende, aber eine sehr wesentliche Rolle“.

Priesmeier hält wenig davon, „die Agrarressorts in den Ländern, in denen wir Regierungsverantwortung tragen, bei Koalitionsverhandlungen regelmäßig als Morgengabe auf den Tisch zu legen“. Brandenburg und Mecklenburg Vorpommern sieht er als gute Gegenbeispiele.

Nicht streng genug

Keine Abstriche will der SPD-Politiker am Ziel einer flächengebundenen Tierhaltung machen, wie es im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist. Höchstens seien 2,2 bis 2,3 Großvieheinheiten je Hektar beherrschbar und zu verantworten. Was darüber hinausgeht, solle langfristig zurückgeführt werden. Dabei gehe es nicht darum, „viehstarken Regionen das Wasser abzugraben und wirtschaftlich erfolgreiche Strukturen zu zerschlagen“. Allerdings führe kein Weg daran vorbei, „dass Fehlentwicklungen korrigiert werden müssen und der Staat und seine Bürger dafür nicht in Haftung genommen werden können“.

Priesmeier erwartet, dass die Düngeverordnung ihre Wirkung in Richtung einer flächengebundenen Tierhaltung entfalten wird. Allerdings bezweifelt er, dass die jetzt vorgesehenen Maßnahmen ausreichen werden, das Nitratproblem zu lösen.

Ausdrücklich spricht sich der SPD-Politiker für standortbezogene Obergrenzen aus: „50.000 Mastschweine an einem Standort sind aus meiner Sicht undenkbar.“ Die Bevölkerung akzeptiere solche Bestandsgrößen ebenso wenig wie einen weiteren Ausbau in viehdichten Regionen. Die Landwirtschaft und der Deutsche Bauernverband seien gut beraten, die zum Teil sehr kritische Diskussion über die Haltung von Nutztieren und die Artenvielfalt auf den Äckern ernst zu nehmen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Unterstützung signalisiert Priesmeier für die CDU-Forderung, die neue Gemeinschaftsaufgabe Ländliche Entwicklung mittelfristig mit weiteren 500 Mio. € auszustatten. Es sei jetzt die Aufgabe von Minister Schmidt und den Kollegen der CDU/CSU-­Fraktion, dazu beim Bundesfinanzminister Überzeugungsarbeit zu leisten. Sollte der auf einer Gegenfinanzierung bestehen, bringt Priesmeier auch die Agrardieselvergünstigung ins Spiel. Die dafür eingesetzten Steuermittel wären nach seiner Überzeugung in einer reformierten Gemeinschaftsaufgabe besser angelegt.

Zwei Säulen ohne Zukunft

Keine Zukunft räumt Priesmeier der Zwei-Säulen-­Struktur in der EU-Agrarförderung ein. Es gelte, auf mittlere Sicht aus der bisherigen Flächenförderung auszusteigen. Längst hätten die Direktzahlungen ihre Legitimation verloren. Die Landwirte benötigten jedoch Verlässlichkeit über ein Auslaufen der Zahlungen. Ein eindeutiges Signal dafür wäre laut Priesmeier eine Umschichtung von 15 % der Mittel der Ersten in die Zweite Säule im Rahmen einer Halbzeitüberprüfung der jüngsten Reform. AgE

Einen ausführlichen Bericht zu den Aussagen Priesmeiers veröffentlicht das Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben in Folge 34 vom 20. August.