4000 Prozent höhere Gebühren?



Wochenblatt: Landwirte, die ab August 2013 einen Betrieb übernommen haben, erhalten in diesen Tagen eine neue Rechnung der Oberjustizkasse. Sie sollen höhere Gebühren zahlen.

Schmitte: Alle Amtsgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichtes (OLG) Hamm wurden aufgefordert, die Gerichtskostenrechnungen der Hofübergabegenehmigungen nach dem 1. August 2013 neu aufzurollen und eine höhere Gebühr festzusetzen.

Wochenblatt: Erklären Sie uns bitte den Hintergrund.

Schmitte: Zum 1. August 2013 ist das „Gerichts- und Notarkostengesetz“ in Kraft getreten. Es hat erhöhte Notargebühren gebracht, zudem sind die Gerichtskosten zum Teil deutlich gestiegen. Besonders zielstrebig setzt jetzt das OLG Hamm höhere Kosten durch, wodurch ganz Westfalen-Lippe betroffen ist. Die Gebühren zum Beispiel für die Genehmigung eines Hofübergabevertrages sind um das bis zu 40-fache gestiegen.

Warum Vertrag prüfen?
Das Landwirtschaftsgericht (Amtsgericht) achtet im Kern darauf, dass der Übernehmer die Altenteilsleistungen mit der Barrente, aber auch die Abfindungen an die weichenden Erben vom Hof aus tragen kann. Für die Genehmigung hat der Übernehmer eine vom Wert des Hofes abhängige Gebühr zu zahlen. Bei Höfen, die fortgeführt werden, richtet sich der Wert nach dem vierfachen Einheitswert. Schmitte

Wochenblatt: Nehmen wir einmal an, ein Hof mit einem Einheitswert von 50.000 € (Gebührenwert 200.000 €) wird übertragen. Wie sieht hier die Gebührenrechnung alt und neu aus?

Schmitte: Bis Ende Juli 2013 betrug die Gerichtsgebühr nach der Kostenordnung 89,25 €. Dies basierte darauf, dass die Höfeverfahrensordnung für die Genehmigung des Vertrages ein Viertel der vollen Gebühr vorsah, zudem war die Gebührentabelle moderat. Die Höfeverfahrensordnung und die Kostenordnung sind ab August 2013 durch das Gerichts- und Notarkostengesetz ersetzt werden. Nunmehr verlangen die Amtsgerichte für die Genehmigung des genannten Hofübergabevertrages sage und schreibe 3.492 € (!), das entspricht einer Steigerung um fast 4.000 %.

Wochenblatt: Nach Ihrer Ansicht wenden die Amtsgerichte das neue Gebührenrecht falsch an.

Schmitte: Die Amtsgerichte fordern nunmehr die doppelte Gebühr, zudem legen sie eine erheblich teurere Gebührentabelle zugrunde. Wir halten dies für falsch. Bei korrekter Anwendung dürften die Amtsgerichte nur eine halbe Gebühr anwenden, so wird es zum Beispiel auch in Schleswig-Holstein gemacht. Dadurch würden die Genehmigungen zwar immer noch um das 9- bis 10-Fache verteuert, aber nicht um das fast 40-Fache. Die Bezirksrevisoren bei den Landgerichten haben dies beschlossen. Es widerspricht juristischen Kommentaren und ist mit dem Schutzgedanken der Höfeordnung nicht vereinbar. Die HöfeO soll ja die Fortführung des Hofes ermöglichen, nicht erschweren.

Wochenblatt: Wie sollen die betroffenen Landwirte reagieren?

Schmitte: Der WLV hat für einen Landwirt das Rechtsmittel der Erinnerung eingelegt. Deshalb muss das Amtsgericht die Kostenberechnung überprüfen. In zweiter Instanz wird das OLG Hamm entscheiden. Zudem hat sich WLV-Hauptgeschäftsführer Werner Gehring an OLG-Präsident Johannes Kaders gewandt.

Wochenblatt: Wie können die Landwirte der Kostenfalle entgehen?

Schmitte: Die Regelung dürfte viele Familien veranlassen, den Hofvermerk zu löschen, dann die Hofübergabe zu machen, um ihn danach wieder eintragen zu lassen. Das kostet bei Gericht gar nichts, macht den Gerichten aber zwei Mal Arbeit. Diese Lösung funktioniert aber nur, wenn sich die Familie einig ist. Wer bereits eine erhöhte Rechnung erhalten hat, sollte mit juristischer Unterstützung Rechtsmittel einlegen. As