Wenn die Bäuerin auszieht

Die Zahl der Ehescheidungen nimmt zu – auch auf dem Land. Mit solch einem Schritt verbinden sich viele rechtliche Folgen.

Ich bin kein Eheberater und erst recht kein Moralapostel. Doch immer wieder melden sich zumeist frustrierte Frauen in der Wochenblatt-Redaktion. Sie berichten, dass sie ihren Ehemann verlassen und vom Hof ziehen wollen und fragen nach den rechtlichen Folgen einer Ehescheidung.

Werfen wir einen Blick zurück. In den 1950er und 1960er Jahren war es fast undenkbar, dass eine Bäuerin etwa im katholischen Münsterland oder Sauerland ihren Mann und den Hof verließ. Das gehört sich einfach nicht, auch wenn in der Ehe selten die Sonne schien. Hinzu kam, dass die meisten Frauen kein eigenes Geld verdienten. Sie waren wirtschaftlich abhängig, bekamen im Rentenalter nichts, obwohl sie maßgeblich den Familienbetrieb durch kluges und sparsames Wirtschaften mit aufgebaut hatten.

Neue Serie
Im Wochenblatt dieser Woche (Folge 39 vom 24. September 2015) starten wir eine vierteilige Serie zum Thema „Ehescheidung“. An einem fiktiven Beispielsfall schildert die Rechtsanwältin Annedore Reich-Brinkmann, welche ersten Schritte eine Bäuerin gehen muss, bei wem die Kinder bleiben, wie der Unterhalt berechnet wird und wie das gemeinsam aufgebaute Vermögen aufgeteilt wird.

Und heute? Fast alle Frauen, die einheiraten, haben einen Beruf erlernt oder studiert. Sie geben ihren Job oft auch nach Geburt der Kinder nicht auf, um finanziell unabhängig zu bleiben und/oder durch ein weiteres Einkommen die finanzielle Basis der jungen Familie zu verbessern. Der landwirtschaftliche Betrieb steht für die heutige Frauengeneration nicht mehr an erster Stelle. Dieser Wandel auf dem Lande hat sich in den letzten Jahrzehnten stillschweigend vollzogen. Gleichzeitig hat auch die Zahl der Ehescheidungen zugenommen.

Warum geht eine Ehe schon nach wenigen Jahren in die Brüche? Und warum halten es andere Partner manchmal 40, 50 oder sogar 60 Jahre miteinander aus? Die Antworten, liebe Leserinnen und Leser, wissen Sie selbst wahrscheinlich am Besten. Jeder einzelne Fall hat andere Ursachen; oft geht es um enttäuschte Erwartungen, fehlende gemeinsame Lebensziele, eheliche Untreue, Überforderung im Alltag oder auch finanzielle Schieflagen durch unbedachte Investitionen auf dem Hof, die zumeist der risikobereite Ehemann im Alleingang getätigt hat. Ist eine Ehe endgültig zerrüttet, sollte ein Partner den Mut haben, die Reißleine zu ziehen.