Leitungsbau fair entschädigen

Die Leitungen für Windstrom- und Erdgasleitungen sollen überwiegend durch landwirtschaftliche Flächen laufen. Zeit für eine neue Entschädigungspraxis.

Für den in der Nord- und Ostsee erzeugten Windstrom und fürs Erdgas werden viele neue Leitungen benötigt. Ein dauerhaftes Ärgernis für die Bauern ist die Entschädigungspraxis für das Leitungsrecht.

Bislang ist es so: Die Netzbetreiber zahlen den Grundeigentümern für das Recht, ihre Flächen nutzen zu dürfen, eine Entschädigung in Anlehnung an den Verkehrswert. Davon einmalig 20 oder 30 % sind genug, meinen die Netzbetreiber. Das sehen die Landwirte und Grundbesitzer anders:

Gestiegene Kaufpreise für Ackerland

Die Leitungen werden fast nur über oder in landwirtschaftlichen Flächen verlegt. Die Kaufpreise für Acker- und Grünland sind in den letzten zehn Jahren in NRW im Schnitt um 70 % gestiegen. Landwirte können die Flächen kaum noch bezahlen. Ist es da nicht verständlich, wenn die Grundeigentümer ein jährliches Entgelt für das Leitungsrecht fordern?

Bei der jetzigen Praxis, einmalige Entschädigung zu einem Stichtag, sind die Eigentümer für alle Zeiten vom Wertzuwachs abgeschnitten. Zudem müssen sie die Entschädigung voll versteuern – sofort oder verteilt auf einen 20-jährigen Zeitraum.

Vorbild: Strom- und Wasserversorgung

Das Argument der Netzbetreiber, der Verwaltungsaufwand sei zu hoch, ist nicht nachvollziehbar. Seit Jahrzehnten zahlen etwa die Strom- und Wasserversorger den Kommunen eine jährliche Konzessionsabgabe für das Recht, dass sie in den öffentlichen Wegen ihre Leitung verlegen und betreiben dürfen. Warum soll dies nicht auch für die Grundstücksrechte beim Leitungsbau funktionieren?

Das Eigentum ist nach § 14 des Grundgesetzes geschützt. Eine Enteignung ist nur zulässig, wenn sie dem Wohle der Allgemeinheit dient. Aber dient eine Gasleitung, wie sie jetzt von Aachen bis Legden gebaut wird, dem Wohle der Allgemeinheit? Ist es nicht so, dass der Bauherr mit der Leitung viel Geld verdienen wird?

Neue gesetzliche Grundlage fordern

Der Deutsche Bauernverband fordert seit Jahren eine gesetzliche Änderung, damit der Leitungsbau in der Praxis mehr Akzeptanz erfährt. Einen fairen Ausgleich fordern auch Landwirte am Niederrhein, sie wehren sich gegen die Inanspruchnahme ihrer Flächen und kritisieren den vom RLV und WLV abgeschlossenen Rahmenvertrag (Seite 22). Am 24. September wird gewählt. Wenn nicht jetzt, wann dann, sollte der Berufsstand den Finger in die Wunde legen und mit Nachdruck eine neue gesetzliche Grundlage für die Entschädigungen beim Leitungsbau anmahnen? (As)