Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Der Milchpreisvergleich zeigt: 2015 war im nachhinein gar nicht so schlecht. Von Preisen um 28 Cent/ kg können Bauern derzeit nur träumen. Die Krise ist in der Politik angekommen, doch was bringt die versprochene Finanzspritze?

Im Nachhinein war das vergangene Jahr gar nicht so schlecht – zumindest aus der heutigen Perspektive.

Der Wochenblatt-Milchpreisvergleich für 2015 zeigt, dass die Auszahlung der Molkereien im vergangenen Jahr im Schnitt um fast 9 Cent/kg gegenüber 2014 gesunken ist. Schlimm genug. Doch von Durchschnittserlösen um die 28 Cent/kg Milch können derzeit die meisten Milchbauern nur träumen.
Die Lage ist besorgniserregend. In NRW sind die ersten Milchwerke bei einem Grundpreis von 20 Cent/kg angekommen. Ob die Talsohle damit erreicht ist, bleibt ungewiss. Prog­nosen zufolge sind im laufenden Milchjahr keine Besserungen in Sicht.

Für die Betriebe ist das eine Katastrophe. Wenn im Einzelhandel der Liter Milch für weniger als 50 Cent angeboten wird, ist das für Milchviehhalter ein klares Signal – ihre Arbeit wird nicht mehr wertgeschätzt. Es ist schon paradox: Für sogenannte Fairtrade-Produkte wird seit Jahren massiv geworben. Ob es sich dabei um den kubanischen Rohzuckerhersteller oder den Kaffeepflanzer aus Indonesien handelt. Fakt ist: Der Markt macht sich stark für den Fairen Handel. Werbeslogans wie „mit gutem Gewissen genießen“ ziehen. Nur nicht für heimische Produkte.

Mittlerweile ist die Krise „angekommen“ – sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Politik. So kündigte die Bundeskanzlerin Mitte Mai ein Hilfsprogramm für die deutschen Landwirte an, was am Montag dieser Woche beim Milchgipfel in Berlin bestätigt wurde. Was sich nach viel anhört, ist in Wirklichkeit eine eher bescheidene Aufmerksamkeit – ein Zeichen der politischen Verbundenheit, mehr nicht. Denn 100 Mio. € bedeuten bei 73.000 Milcherzeugern eine einmalige „Finanzspritze“ von nicht einmal 1500 € pro Betrieb. Da retten auch die von Minister Schmidt versprochenen zusätzlichen Bürgschaften und steuerlichen Entlastungen niemanden.

Bei allen Überlegungen darf die Haupt­ursache der jetzigen Situation nicht aus den Augen verloren werden. Grundsätzlich gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Im Moment gibt es schlichtweg zu viel Milch. Die Forderung nach einer Mengenbegrenzung wird immer lauter. Doch weniger Milch in Deutschland allein bringt gar nichts. Wenn es mal so einfach wäre: Wir ändern eben die Menge und schon steigt der Milchpreis. Die gewünschten Effekte werden nur dann erreicht, wenn global gesehen die Menge drastisch sinkt.

Ein Blick auf die Preisentwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Auf schlechte Jahre folgen auch wieder gute. Fragt sich bloß, wie viele der jetzt melkenden Bauern dann noch da sind, um vom nächsten Preishoch zu profitieren.