Ein sonderbares Schweigen

Laut Öko-Test ist ein erheblicher Teil veganer Lebensmittel "mangelhaft" bis "ungenügend" – und teilweise stark belastet, etwa mit Mineralöl-Kohlenwasserstoffen. Aber hat jemand "Lebensmittelskandal" gerufen?

Hat da jemand gerufen? Hat einer das Wort „Lebensmittelskandal“ gehört? Eine sonderbare Stille liegt über dem Land. Oder ist es verdruckstes Schweigen?

Politiker der Grünen etwa, sonst beim Thema gesunder Lebensmittel überaus rührig, verlieren kein Wort. Greenpeace erklärt auch nichts, nicht einmal Foodwatch sagt etwas. Auch bei Süddeutsche, WDR, Zeit oder Taz: kein Wort, kein Kommentar. Nichts.

Dabei ist keineswegs von Pappe, was die Zeitschrift „Öko-Test“ in Lebensmitteln gefunden hat:

– eine „überaschend hohe Belastung“ mit gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen,
– gentechnisch verändertes Soja,
– überflüssige Vitamin- und Mineralstoffzusätze,
– Übermengen an Glutamat und Salz.

Gesund klingt anders. Ach ja: All diese „Zutaten“ fanden die Ökotester in 22 untersuchten veganen Lebensmittelprodukten. Fast die Hälfte wurde als „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet. Kein Produkt war „sehr gut“, eines immerhin erhielt das Prädikat „gut“ – übrigens ausgerechnet das vegane Soja-Schnitzel der Aldi-Marke „Gut Bio“.

Der brisante Befund wurde zwar von einigen Zeitungen und dem einen oder anderen Rundfunksender gemeldet, fand aber ansonsten kaum Beachtung. Das hat, so scheint es, zwei Gründe:

  • Der Markt für vegane Lebensmittel ist offenbar doch nicht so groß wie von manchen herbei-
    philosophiert – und damit auch nicht so schlagzeilenträchtig.
  • Vegane Ernährung gilt als „hip“ und „trendy“, als umwelt- und ressourcenschonende Ernährung der Zukunft – und so weiter. Was diesen Heiligenschein trüben könnte, wird gerne mal beiseitegeschoben oder sogar unter den Teppich gekehrt.

Schnell gilt als Spielverderber oder Störenfried, wer es mit Heiligenscheinen nicht so hat und wer den Teppich auch mal anhebt. Dabei ist genau das eine der Aufgaben von Journalisten. Doch viele "Meinungsmacher" schrecken offenbar schon davor zurück, über den Befund auch nur zu berichten. Umso mutiger ist es von der "Öko-Test"-Redaktion, wenn sie genauer untersucht, was ihre Kollegen als unantastbar betrachten.

Was nun noch fehlt, sind die empörten Appelle aus Berliner Politikerbüros und die Aufrufe der Nichtregierungsorganisationen, die sich sonst so lautstark für eine saubere, unbelastete Ernährung einsetzen. Andererseits: Wirklich vermisst wird der Wortschwall nicht. Denn er macht niemanden satt. Dafür sorgen andere.