Kommentar

Ein ehrliches Ergebnis

Die Mitglieder des Landesverbandsausschusses haben Johannes Röring einen Denkzettel verpasst: Dass 19 von 90 Wahlberechtigten offen gegen ihn stimmten, war ein kleiner Paukenschlag.

Die Mitglieder des Landesverbandsausschusses haben Johannes Röring einen Denkzettel verpasst. Dass der ein oder andere Unzufriedene gegen den amtierenden Präsidenten stimmen würde, war durchaus zu erwarten gewesen. Dass am Ende aber 19 von 90 Wahlberechtigten offen gegen „ihren“ Präsidenten stimmten, war dann aber doch ein kleiner Paukenschlag.

Für und nicht gegen Röring spricht, dass er sich mit dem selbstkritischen Kurs rund um die Offensive Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren nicht nur Freunde gemacht hat. Wer auch Schwächen der landwirtschaftlichen Produktion offen benennt, macht sich angreifbar. Insbesondere, wenn er von Landesbauernverbänden umgeben ist, die den Erhalt des Status Quo und das Schimpfen auf den Verbraucher noch immer als moderne Verbandspolitik begreifen. Am Montag dürfte der ein oder andere Delegierte für diesen, im Kern sehr richtigen Kurs, eine Quittung erteilt haben. Und diese war Chefsache und weniger ein Problem der Vizepräsidenten Brüggemeier und Braach.

Hinzu kommt ein zweiter nicht zu unterschätzender Punkt: Gerade weil der Wind den Betrieben so hart ins Gesicht bläst, wie es Röring in seinem Vortrag selbst herausgearbeitet hat, sehnen sich viele Landwirte nach starker Führung in stürmischer See. Angefangen bei der Düngeverordnung bis hin zu den offenen Fragen um die Zukunft der Sauenhaltung ist die Unsicherheit groß. In Zeiten wie diesen wollen die Bauern einen Präsidenten, der vor Ort präsent ist, klare Kante zeigt und die Zuhörer begeistert.

Diese Fähigkeiten hat Röring, aber er zeigt sie nicht bei jedem Auftritt. Der Borkener punktet eher mit Sachlichkeit und Diplomatie statt mit Leidenschaft und Emotion. Und er hat durch sein Mandat im Bundestag und seine Aufgaben in Berlin neben dem Amt des WLV-Präsidenten gleich zwei Vollzeitjobs, von denen jeder allein schon einen Menschen nicht nur überfordern, sondern sogar regelrecht aufzehren kann.

Damit das Gemurre nicht größer wird, ist die WLV-Spitze gut beraten, sich noch offensiver den Erwartungen ihrer Mitglieder zu stellen. Haupt- und Ehrenamt sollten kommunizieren, was geht und was nicht geht. Und sie brauchen sich dabei mit ihren Argumenten nicht zu verstecken: Markige Worte und kämpferische Auftritte mögen die Bauernseele streicheln. Wer in Düsseldorf, Berlin oder Brüssel etwas bewegen will, darf aber dennoch nicht unnötig Porzellan zerschlagen. Wer von den guten Kontakten und dem Netzwerk des Präsidenten in Berlin profitieren möchte, der darf sich nicht wundern, wenn dieser nicht zeitgleich auf der Ortssitzung in Westfalen zu Gast ist.

Angesichts eines starken Hauptamtes und den zwei mit guten Ergebnissen wiedergewählten Vizepräsidenten Brüggemeier und Braach, ist eine starke Achse zwischen Münster und Berlin auch in Zukunft möglich. Insbesondere die Vizepräsidenten haben sich in den vergangenen Monaten sehr loyal verhalten und bewiesen, dass die Zusammenarbeit funktioniert. Während sie beispielsweise im Rahmen der Agrarministerkonferenz vor Ort auf die Nöte der Bauern aufmerksam machten, verhandelte Röring in Berlin über die Bedingungen für ein staatliches Tierwohllabel und andere aktuelle Fragen. Diese Arbeitsteilung kann auch in Zukunft Früchte tragen.

Die Delegierten in Westfalen haben in der Tat ein ehrliches Ergebnis abgegeben. Es ist auch ein Ansporn.