Die Flüchtlinge und die Folgen

Bis zum Jahresende könnten es mehr als 1 Mio. Menschen sein: Der Zustrom von Flüchtlingen hält ungebrochen an. Und er wird auch an der Landwirtschaft nicht spurlos vorbeigehen.

Bis zum Jahresende könnten es mehr als 1 Mio. Menschen sein: Der Zustrom von Flüchtlingen hält ungebrochen an. Und er wird auch an der Landwirtschaft nicht spurlos vorbeigehen.

Die vielen jungen Menschen, die in diesen Tagen ihren Weg nach Deutschland finden, werden das Leben auf dem Lande verändern – im besten Fall als Mitarbeiter von morgen oder als Bereicherung für Regionen, die mit dem demografischen Wandel kämpfen.

Gerade die Landfrauen beweisen in diesen Tagen mit ihrem tollen Engagement, dass die dafür erforderliche Integration nicht ausschließlich in Berlin und München stattfinden kann, sondern vor Ort gelebt werden muss. Denn auch wenn es viele Flüchtlinge eher in die großen Städte zieht, bleibt die Herausforderung auf dem Lande gewaltig. Gerade deshalb werden auch die Bauern und ihre Familien gefragt sein – als zukünftige Nachbarn, Rat- und Arbeitgeber.

Die Flüchtlinge und die Mühen der Integration werden aber nicht nur Auswirkungen auf Wohnraum und Arbeitsplätze haben. Vieles spricht dafür, dass die beispiellosen Kraftanstrengungen auch den Wert und vor allem die Wertschätzung von Lebensmitteln neu beleuchten werden. Mit jedem Menschen, der in diesen Tagen in Deutschland Schutz vor Krieg oder wirtschaftlicher Aussichtslosigkeit sucht, steigt auch die Inlandsnachfrage nach Nahrungsmitteln. Die Flüchtlinge stellen den Lebensmittelmarkt in einem Land mit 80 Mio. Einwohnern zwar nicht auf den Kopf. Positiv auf die Preise von Gemüse, Geflügel- oder Rindfleisch wirken sie dennoch.

Hinzu kommt: Viele der vorgetragenen Kritikpunkte an der heutigen Landwirtschaft sind das Resultat einer satten Gesellschaft. Über den Entzug fruchtbarer Böden für den Naturschutz oder die Einschränkung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln diskutiert es sich anders, wenn man bedenkt, dass die tägliche Versorgung mit Lebensmitteln nur wenige Flugstunden von Europa eben doch keine Selbstverständlichkeit ist. Und genau das machen die Bilder vom Leid der Flüchtlinge vielen Bürgern wieder bewusst.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ fragte bereits, ob Diskussionen um die Länge des Ringelschwanzes beim Schwein nicht merkwürdig „weltfremd und elitär“ wirken angesichts der wachsenden Angst um Sicherheit und Stabilität. Im Zuge der Flüchtlingskrise sind Weiterentwicklungen in der Tierhaltung nach Ansicht von „FAZ“-Redakteur Jan Grossarth zwar nicht vom Tisch, statt der Aufarbeitung im Wahlkampf wandern sie aber zurück in die Fachgremien.

Das wäre ein echter Gewinn, für die Bauern und die Sache. Denn die öffentlichen Anfeindungen und die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit wiegen für viele Landwirte inzwischen schwerer als die meisten Preiskrisen. Ob es so weit kommt, wird sich zeigen. Sicher ist nur eines: Die Flüchtlinge werden Deutschland verändern und damit auch die Landwirtschaft.


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