Bodenmärkte benötigen Regeln. Ansonsten könnte eine landwirtschaftliche Nutzung in großem Stil durch kurzfristig rentablere, nicht-landwirtschaftliche Nutzungen verdrängt werden. Bodeneigentümer könnten auch die Durchführung von Infrastrukturprojekten blockieren oder enorme Verkaufsgewinne „erpressen“.
Kontrovers diskutiert wird allerdings das notwendige Ausmaß an staatlichen Eingriffen. Mehrere Bundesländer haben Gesetzesinitiativen ergriffen, um den Bodenmarkt in Deutschland – und insbesondere den agrarstrukturellen Wandel – stärker als bisher zu kontrollieren und zu regulieren. So sollen nicht-landwirtschaftliche Investoren vom Bodenmarkt ferngehalten werden, um den Preisdruck zu reduzieren. Doch es stellen sich einige Fragen:
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Bodenpreise, der Flächenkonzentration und Aktivitäten nicht-landwirtschaftlicher Investoren?
Die landwirtschaftlichen Bodenpreise wären im vergangenen Jahrzehnt auch ohne die Aktivität von Finanzinvestoren gestiegen, allein durch innerlandwirtschaftliche Nachfrage. Denn die Finanzierungskosten haben sich in der Niedrigzinsphase deutlich verringert.
Weiterhin hat die Nutzung von Flächen zur Energiegewinnung die Grundrentenerwartungen beeinflusst und zu einem Preisanstieg beigetragen. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich Nichtlandwirte in vielen Fällen im Wettbewerb um knappe Flächen gegen landwirtschaftliche Bieter durchgesetzt, das heißt höhere Preise gezahlt haben.
Ganz unabhängig von der Aktivität nicht-landwirtschaftlicher Investoren wirkt eine höhere Flächenkonzentration eher preisdämpfend, da sich die Verhandlungsposition auf der Nachfrageseite lokaler Bodenmärkte verbessert. Diese beiden Aspekte werden in der Diskussion oft unzulässig vermischt.
- Wie realistisch ist die Vorstellung eines renditeorientierten Investors, der als Konkurrent von Landwirten um den Erwerb von Land auftritt und sich angeblich nicht um Nachhaltigkeit und um soziale Belange in ländlichen Räumen kümmert?
Über das „Heuschrecken-Image“ nicht-landwirtschaftlicher Investoren sind einige Erzählungen in Umlauf, aber es gibt keinen breiten empirischen Nachweis. An einer auskömmlichen Verzinsung des investierten Kapitals sollte jeder Unternehmer oder Bodeneigentümer interessiert sein. Das steht nicht im Widerspruch zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Bodens, die durch umweltpolitische Instrumente gesteuert werden kann.
Boden wird als Investitionsobjekt typischerweise für lange Zeiträume gehalten. Da besteht kein Unterschied zwischen Landwirten und Nichtlandwirten. Darüber hinaus wird Boden in den meisten Fällen an Landwirte verpachtet. Es gibt keinen Beleg, dass Pächter Flächen weniger nachhaltig bewirtschaften als Eigentümer.
- Sind Nichtlandwirte zahlungsbereiter und zahlungsfähiger als Landwirte?
Wir haben häufig eine höhere Zahlungsbereitschaft von Nichtlandwirten für kleinere Grünlandflächen festgestellt, während dies für größere Ackerflächen nicht der Fall war. Vorteile für Finanzinvestoren können sich auch beim Erwerb sehr großer Flächen oder Unternehmensanteile ergeben.
Es gibt aber keinen Grund für Nichtlandwirte, generell mehr für Boden zu bieten als Landwirte, da sich die Zahlungsbereitschaft aus der landwirtschaftlichen Nutzung des Bodens ableitet, sofern nicht andere Nutzungen absehbar sind.
- Ist Spekulation grundsätzlich negativ?
Der Spekulationsbegriff ist in der öffentlichen Diskussion negativ belegt. Sie gilt oft als Gewinnerzielung, der keine Leistung gegenübersteht. Man sollte „Spekulation“ aber besser wertfrei betrachten. Aus dieser Sicht wäre es die gedankliche Vorwegnahme erwarteter künftiger Rahmenbedingungen, auf die ökonomische Entscheidungen gebaut werden. In diesem Sinne spekuliert jeder Erwerber von Boden, auch Landwirte.
- Kann sich der Agrarsektor von Entwicklungen auf Finanzmärkten abkoppeln? Und kann der Staat diese Abkopplung auf Dauer garantieren?
In einer freien, globalisierten Marktwirtschaft ist eine Abkoppelung des Agrarsektors von Finanz- oder Produktmärkten weder sinnvoll noch dauerhaft finanzierbar, erst recht nicht für einzelne Bundesländer. Preise lassen sich nicht verordnen, und Wettbewerb lässt sich nicht auf Dauer aushebeln. Das zeigt die Erfahrung mit Instrumenten der EU-Agrarpolitik in der zweiten Hälfte des vorherigen Jahrhunderts.
- Wie realistisch ist die Vorstellung, dass Probleme – etwa Einkommen in der Landwirtschaft, Umweltschutz oder soziale Fragen im ländlichen Raum – gelöst werden können, indem man bestimmte Marktteilnehmer wie zum Beispiel große Betriebe oder Finanzinvestoren ausschließt?
Mit Blick auf ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit ist es richtig, auch die Entwicklung auf Bodenmärkten in den Blick zu nehmen. Eine auf Glaubenssätzen basierende Diskriminierung bestimmter Marktteilnehmer führt jedoch nicht zum Ziel. Vielmehr müssen Umweltprobleme im Agrarsektor durch zielgerichtete Maßnahmen gelöst werden. Und Einkommensziele werden letztlich über Märkte verwirklicht. Dafür braucht es den landwirtschaftlichen Bodenmarkt.
UNSERE GASTAUTOREN
Alfons Balmann ist Professor für Agrarökonomie an der Universität Halle-Wittenberg und Direktor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien.
Martin Odening ist Professor für Allgemeine Betriebslehre des Landbaus an der Humboldt-Universität zu Berlin.
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