Wann ist eigentlich Erntedank?

Das Durcheinander ist in diesem Jahr besonders groß: Der Eintrag „Erntedank“ findet sich in manchen Kalendern für diesen Sonntag, 30. September, in anderen hingegen für den kommenden Sonntag, 7.Oktober. Ja was denn nun?

Diese Frage haben sich viele Leser und auch die Redaktion des Wochenblattes gestellt. Die erste Antwort klingt einfach: „Das Erntedankfest findet immer am ersten Sonntag im Oktober statt.“ Demnach wäre der 7. Oktober der „richtige“ Termin. So klar die Sache klingt: Diese Regel gibt es gar nicht.

Keine feste Vorgabe

Hierzulande ist der Erntedanktermin nicht allgemein verbindlich festgesetzt – anders als etwa in den USA, wo das berühmte „Thanksgiving“ am vierten Donnerstag im November gefeiert wird. Das ist dort sogar von Staats wegen bestimmt worden.

In Deutschland hingegen gibt es keine staatliche Regelung des Erntedanktermins.
Früher gab es solche Terminregelungen durchaus. Am bekanntesten ist eine Bestimmung des berühmten Preußenkönigs Friedrich II., des „Alte Fritz“, von 1773. Er legte fest, dass in den Kirchen Preußens alljährlich am Sonntag nach dem Michaelistag (29. September) Erntedank gefeiert werden solle.

An diese Regelung halten sich viele bis heute. Weil der 29. September in diesem Jahr auf einen Samstag fällt, ist der darauffolgende Sonntag, also der 30. September, der „preußisch korrekte“ Erntedanktermin. Diese Regelung gilt unausgesprochen in Westfalen, und das weit über die ehemals preußischen, evangelisch geprägten Landstriche hinaus. So finden zahlreiche Erntedankumzüge bereits an diesem Sonntag statt.

Katholiken ohne Erntedank?

Doch zum Erntedanktermin es gibt auch andere Stimmen. Die Evangelische Landeskirche von Westfalen beispielsweise stellt es ihren Gemeinden in diesem Jahr frei, an welchem der beiden Sonntage sie Erntedank feiert und die entsprechende Kollekte sammelt. Allerdings empfiehlt sie im offiziellen liturgischen „Sonn- und Festtagskalender für 2012“ den 7. Oktober.

Die römisch-katholische Kirche kennt bis heute offiziell kein Erntedankfest. Das mag manchen erstaunen. Doch das maßgebliche katholische „Lexikon für Theologie und Kirche“ stellt kurz und nüchtern fest: „Das heilsgeschichtlich orientierte Jahr der Kirche kennt kein Erntedankfest.“

Dennoch hat sich in den katholischen Gemeinden in den zurückliegenden Jahrzehnten der Brauch des Erntedankfestes eingebürgert. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hat deshalb bereits in den 1970er Jahren festgelegt, dass in den Kirchengemeinden Erntedank am ersten Sonntag im Oktober begangen werden soll.

Unterschiedliche Traditionen

Unter dem Strich gibt es also viele Traditionen, aber kein einheitliches Bild, kein festes Datum. Das übrigens war früher auf dem Land kaum anders. Vielerorts in Westfalen wurde auf den Höfen erst dann Erntedank gefeiert, wenn der letzte Wagen Getreide vom Feld eingefahren wurde. Das konnte – in der Zeit vor dem Mähdrescher – durchaus Ende September sein, in ungünstiger Witterung sogar auch erst im Oktober.

Vicco von Bülow von der Evangelischen Landeskirche für Westfalen merkt denn auch gegenüber dem Wochenblatt an:
„In der bäuerlichen Realität kann erst dann für die Ernte gedankt werden, wenn diese auch eingebracht ist. Und das kann halt nicht immer genau vorhergesagt werden.“


Die Wochenblatt-Redaktion hat sich entschieden, die Erntedank-Ausgabe des Heftes mit dem traditionellen geistlichen Wort, mit seiner Witterungs- und Erntebilanz und anderen Erntedank-Beiträgen in der ersten Oktoberwoche zu veröffentlichen. In der Ausgabe, die wegen des Feiertags zur Deutschen Einheit (3. Oktober) erst am Freitag, 5. Oktober, erscheint, werden Sie auch einen Fotobericht zu den Erntedankveranstaltungen finden, die bereits an diesem Wochenende, 29. und 30. September, in Westfalen stattfinden. Str.