Mit Seil und Säge im Geäst

Kletternde Baumpfleger arbeiten mit viel Körpereinsatz und geringem technischen Aufwand.

Wenn Jörn Benk zu einem Arbeitseinsatz fährt, sieht es fast so aus, als würde er zu einer Trekkingtour aufbrechen. Seile, Gurte und Sägen hat er in Rucksäcken dabei. Nur der Helm deutet auf einen anderen Einsatz hin. Der 52-Jährige ist ausgebildeter kletternder Baumpfleger. Bepackt mit seiner Seilausrüstung und einer Säge zieht er sich nur an einem Seil hoch in den Baum, um ihn dann fachgerecht zu schneiden. Aber das ist nur ein Aufgabenbereich in seiner Firma, die der Agraringenieur vor 25 Jahren mit seinem Bruder Thomas in Mülheim an der Ruhr gründete.

Wenn es eng wird

Der Baum und vor allem seine Erhaltung stehen im Mittelpunkt der Arbeit eines Baumkletterers. „Das Miteinander von Bäumen und Menschen harmonisch zu gestalten und Gefahren und Nutzen abzuwägen, das gehört zu unseren Aufgaben“, beschreibt Jörn Benk das Arbeitsziel eines Baumpflegers. Im städtischen Raum steht dabei oft die Verkehrssicherheit im Vordergrund. Auch Bäume, die in Städten nah an Gebäuden wachsen, erfordern den Einsatz eines Baumkletterers. Ausgeschnittene Äste werden mit Seilen transportiert, wenn erforderlich, sogar über größere Entfernungen. So können selbst schwer zugängliche Bäume gefällt werden. „Zu unseren Kunden gehören auch Landwirte, die ihre Hofbäume erhalten wollen“, so der Baumspezialist.

Grenzen der Technik

Aber warum mühsam in den Baum klettern? Es gibt doch technische Großgeräte, wie zum Beispiel einen Hubwagen. „Die technischen Geräte haben auch ihre Daseinsberechtigung, aber sie stoßen an Grenzen“, wirbt Jörn Benk für das Arbeitsklettern. Nicht immer ist der Baum von allen Seiten mit dem Fahrzeug zugänglich. Das Wohnhaus oder angrenzende Stallgebäude sind oft begrenzende Faktoren. Mit einem Hubwagen kommt der Baumpfleger nicht immer an jede Stelle im Baum. Es besteht die Gefahr, dass Äste abbrechen. Zudem üben Hebebühnen und andere Maschinen erheblichen Druck auf den Boden aus.

Die Krone pflegen

Die Kronenpflege gehört zu den typischen Pflegemaßnahmen bei alten Hofbäumen. Hierbei entfernt der Baumkletterer Totholz und sich kreuzende Äste. Er sorgt auch für ein ausreichendes Lichtraumprofil eines Baumes, sodass Fahrzeuge unter der Baumkrone genügend Platz finden. Das betrifft nicht nur Straßenbäume, sondern auch Hofbäume, wenn darunter landwirtschaftliche Maschinen fahren. Beim Kronenschnitt wird daraufgeachtet, dass angrenzende Gebäude nicht beeinträchtigt werden. Baumpfleger erkennen Fehlentwicklungen im Baum und behandeln sie vorausschauend. Sie achten außerdem auf die statische Ausgeglichenheit eines Baumes und natürlich auf die Ästhetik. Jörn Benk ist es wichtig, dass durch einen Baumschnitt die für die Baumart typische Wuchsform erkennbar wird.

Im Sommer schneiden

Gute Baumpflege heißt für Jörn Benk, die Schnittmaßnahmen so gering wie möglich zu halten. Denn jeder Schnitt führt beim Baum zu einer Schutz- und Abwehrreaktion. „Wir führen viele Schnittmaßnahmen im Sommer aus, von Ende Mai bis Ende September“, sagt der Experte. Der Sommerschnitt löst beim Baum den geringsten Wachstumsimpuls aus. Ein weiterer Vorteil ist die gute und schnelle Selbstheilungskraft des Baumes bei Verletzungen.

Qualifiziertes Klettern

Eine gute Schulung, viele Sicherheitsvorschriften und die professionelle Ausrüstung sind die „Lebensversicherung“ der Baumkletterer. Die Arbeit erfordert nicht nur körperliche Fitness und baumpflegerisches Wissen, sondern auch höchste Konzentration. Deshalb dürfen Baumkletterer beispielsweise nur sechs Stunden pro Tag arbeiten und müssen immer zu zweit im Einsatz sein. „Das klingt alles recht bürokratisch, dokumentiert aber den hohen Sicherheitsstandard bei der Baumpflege mit Klettertechnik. Die niedrigen Unfallzahlen sprechen für sich“, so Jörn Benk. Außerdem sind das für einen Auftraggeber sichtbare Zeichen für qualifizierte kletternde Baumpfleger.

Angebot nach Termin vor Ort

Welche Kosten fallen an, wenn sich ein Landwirt für die Baumpflege per Klettertechnik entscheidet? „Das hängt ganz vom Baum ab“, wägt Jörn Benk ab. „Wir fahren kostenlos zu dem Kunden und schauen uns den Baum an. Erst dann können wir ein solides Angebot mit einem Festpreis machen“, erklärt der Unternehmer Benk. Ein neues RAL- Gütezeichen zeichnet qualifizierte Baumpflegebetriebe aus. Sabine Kerstin

Tipp: Adressen von Betrieben mit qualifizierten kletternden Baumpflegern in NRW finden Sie auf der Internetseite der RAL Gütegemeinschaft Baumpflege e.V (hier entlang) .



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