Käsekuchen und Apfelwaffeln statt Frauenquote?

An eher ungewohnter Stelle war kürzlich über Landfrauen zu lesen: im Debattenmagazin „The European“, das online und vier Mal im Jahr als gedrucktes Heft erscheint. Dort beschrieb die freie Journalistin Birgit Kelle ihre Eindrücke des heutigen Landlebens. Fazit: Die Journalistin lobte die Landfrauen, sieht sie am Ende aber doch nur zwischen "Kuchen, Kinder und Kochen".

Ihren Beitrag mit dem Titel „Landlust reloaded“ eröffnet Birgit Kelle mit dieser Beobachtung: „Am Wochenende brechen Horden von Großstädtern auf dem Landgut ein, an dessen Einfahrt wir wohnen. Ich glaube, sie beneiden uns ein bisschen um die Bank vor unserem Haus, manchmal finden wir ein paar von ihnen darauf sitzend, wenn sie glauben, es sei keiner zu Hause. Ihre dicken SUVs stellen uns die Einfahrt zu, und ihre Insassen pilgern in den Öko-Laden die Straße runter, um zu teuren Preisen Eierlikör aus eigener Herstellung, Eintopfsuppe und Eingemachtes nach Omas Rezepten zu kaufen.“

Landfrauen im sozialen Netzwerk "entdeckt"

Und wie fand Birgit Kelle zu den Landfrauen? Sie hat sie via sozialem Netzwerk im Internet entdeckt: „Zu meinen Facebook-Freunden gehören auch die Landfrauen Weilheim-Schongau. Ein Blick auf ihre Seite ist wie ein Abdriften in eine Parallelwelt. Jenseits von grenzdebilen Sendungen wie ,Bauer sucht Frau‘ haben sich dort Tausende von Frauen organisiert, die tatsächlich auf dem Land leben, in der Landwirtschaft arbeiten und es großartig finden. Im vergangenen Jahr haben sie das Buch mit dem Titel ,Alle lieben Blechkuchen‘ herausgegeben. Ja, wirklich, alle lieben Blechkuchen, es hat sich inzwischen 15.000 Mal verkauft, ist ein richtiger Renner."

Die Journalistin fasst ihr Urteil in diesen Sätzen zu sammen: „Diese Frauen sind Hausfrauen, Bauersfrauen. Nicht weil sie mal ins Fernsehen kommen wollen damit, sondern weil es ihnen gefällt. Weil es ihre Heimat ist. Alle Altersklassen, immer gut drauf.“ Weiter heißt es in dem Beitrag: „Sie sind die Parallelwelt, das Antikonzept zur modernen jungen Karrierefrau in der Stadt. Sie sind das Leben in Echtzeit.

Kuchen, Marmelade, Kinder, Kochen, Familie, Hausfrau. Es fehlt nur noch Kirche, damit wären die drei K’s wieder auferstanden. Oder waren sie niemals weg? Sie haben überlebt und sie sind viele, obwohl sie so gar nicht in die schöne neue Emanzipationswelt passen. Käsekuchen und Apfelwaffeln statt Frauenquote. Großartig.“

Vielleicht, so schließt Birgit Kelle ihren Beitrag, seien nicht die Frauen vom Land rückständig, sondern die Großstädter und Großstädterinnen, die sich selbst für modern und innovativ halten.

Vielfältiges Engagement

Die Journalistin mag eine flotte Schreibe haben. Aber ob sich die Mehrheit der Frauen auf dem Land in ihrem Beitrag wiedererkennt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Schon ein Blick in die Programme der Landfrauenverbände zeigt, dass sich die hier aktiven Frauen keineswegs aufs Backen und Kochen reduzieren lassen wollen, sondern sich vielfältig und ehrenamtlich engagieren – etwa in der Sozial- und Familienpolitik, in der Dorfentwicklung, in Schulen und Öffentlichkeitsarbeit, um nur einige Themenfelder zu nennen.

Vielleicht lädt ja jemand mal die Journalistin Birgit Kelle ein, damit sie diese „echte“ Welt der Frauen auf dem Land näher kennenlernt. Auf die neue Online-Kolumne darf man dann gespannt sein. Str.