Miniatur Wunderland im Sauerland

Im Land der 100 Züge

Nicht nur Hamburg hat ein Miniatur Wunderland. Auch am Rothaarsteig im Sauerland gibt es eine tolle Modellbahnanlage mit vielen Details zum Bestaunen. Ein Ausflugstipp für Schlechtwettertage.

Jeden Sonntag rollen 98 Züge, 26 Busse und Lkws sowie ­einige Einsatzfahrzeuge durch Schmallenberg-Grafschaft. Und das, obwohl das Dorf im Hochsauerlandkreis gerade mal etwas mehr als 1000 Einwohner zählt. Dennoch ist hier „bahnmäßig“ richtig was los. Hier dauert ein Tag nicht 24 Stunden, sondern nur 24 Minuten – zumindest bei der Modellbahn am Rothaarsteig.

Ehrenamtlich aufgebaut

In den Räumen der alten Strickerei bauen und werkeln die Mitglieder des Modellbahnclubs Schmallenberg seit 15 Jahren. „Ich wollte schon vor 30 Jahren so eine Anlage aufbauen“, erinnert sich Initiator und Vereinsvorsitzender Martin Krähling. Als im Jahr 2007 das Puppenmuseum in Schmallenberg schloss, fuhr er mit sieben Leuten nach Hamburg, um sich das ­Miniatur Wunderland, die größte Modelleisenbahn der Welt, anzuschauen. „Ich wollte, dass auch weiterhin ein Schlechtwetterprogramm in Schmallenberg bleibt“, erzählt der 58-Jährige.

Auf einer Fläche von 66 m2 stehen fast 4000 Bäume, knapp 1000 Figuren und über 50 Häuser. Martin Krähling verbaute mit den Vereinskollegen zahlreiche Schienen und Weichen, Stromkabel und Sperrholzplatten. (Bildquelle: Dorda)

Der Funke sprang sofort über. „Wir gründeten einen Verein, suchten geeignete Räume und starteten mit dem Bau einer Modellbahnanlage“, sagt Martin Krähling. Bis jetzt sind rund zwei Drittel der Anlage fertig. Die Hobbybahner verbauten knapp 200  000 € Materialkosten in 75  000 Arbeitsstunden. Alles ehrenamtlich nach Feierabend und am Wochenende. Besucher hatten von Anfang an schon die Möglichkeit, die Anlage zu besichtigen.

Anders als im Miniatur Wunderland in Hamburg bauen die Schmallenberger Fantasielandschaften und -städte. Ihre Anlage im Maßstab 1 : 87 geht über mehrere Ebenen, sodass immer neue Züge durch die beiden Bahnhöfe, die Städte oder an den Bergen entlangrollen. Unter der Anlage befinden sich neun sogenannte Schattenbahnhöfe, in denen die Züge auf ihren Einsatz warten.

Als Besucher ahnt man nicht, dass "unterirdisch" noch so viele Züge auf ihren Einsatz warten. (Bildquelle: Dorda)

Zwei Schweizer Krokodile

Eisenbahnen gibt es von historisch bis modern. „Hier fahren ICEs und Dampfloks. Wir haben eine uralte Schweizer E-Lok, zwei Schweizer Krokodile und auch österreichische Züge“, nennt der Initiator ­eine kleine Auswahl. Der längste Zug misst 3,90 m. Der kürzeste hat gerade mal drei Waggons.

Besonders stolz ist der Verein über die Tag-/Nachtsimulation. Alle 24 Minuten beginnt ein neuer Tag. Dann gehen die Lichter über der Anlage wieder an. Während der Nacht erlebt der Besucher ein Gewitter, ein brennendes Haus mit Feuerwehreinsatz und ein Feuerwerk. Ein Großteil der Häuser in den beiden größeren Städten ist schon beleuchtet. „Es ist sehr viel Arbeit, die kleinen Lichter in den Häusern anzubringen“, verrät der gelernte Energieanlagenelek­troniker. Auch nehmen sich die Hobbybahner jedes einzelne Haus vor und streichen es so, dass es „gealtert“ aussieht.

Besucher können bei einem großen Feuerwehreinsatz mitten in der Nacht dabei sein. (Bildquelle: Dorda)

Hinter den Kulissen

Damit alles reibungslos läuft, sitzen während der Öffnungszeit am Sonntagnachmittag immer ein bis zwei „Bahner“ im leicht erhöhten Leitstand. Hier stehen acht Bildschirme im Halbkreis auf einer ­großen Arbeitsplatte. „Das ist die Steuerung für die Haupt- und Nebenstrecken der Züge sowie für die Autos und das Licht“, so Martin Krähling. An der Decke sind weitere sechs Bildschirme befestigt, die die Bilder der Überwachungskameras zeigen. Eigentlich läuft die Anlage voll automatisiert. „Wir müssen nur manchmal eingreifen, wenn zum Beispiel ein Besucher über die Absperrung fasst oder wenn ein Zug entgleist.“

Martin Krähling sitzt sonntags meist im Leitstand. Dort hat er sofort im Blick, wenn mal ein Zug entgleist. (Bildquelle: Dorda)

Die Anlage selbst plante der Verein seinerzeit mit einer speziellen Gleisplansoftware. Auch wenn es komplizierter zu bauen ist, entschieden sich die Mitglieder für ein sogenanntes Zwei-Leiter-System. „Das sieht einfach besser aus“, nennt Martin Krähling den Grund dafür. Die Fahrzeuge außerhalb der Schiene fahren über ein Antennensystem in der Straße. ­Dadurch können zum Beispiel die Busse auch abbiegen und Rad­fahrer trampeln.

Auch der aus dem Sauerland stammende Countrysänger Tom Astor ist zu bestaunen. (Bildquelle: Dorda)

Die gesamte Anlage ist mit halbhohen Glasscheiben vom Besucherraum abgegrenzt. Alle paar Meter gibt es Knopfdruckaktionen, die besonders bei den Kindern sehr ­beliebt sind. Das heißt, wenn der Knopf farbig leuchtet, können die Besucher draufdrücken und eine Aktion startet. So fangen beispielsweise die Hühner an zu picken, der Heißluftballon startet oder das Konzert des Sauerländer Countrysängers Tom Astor beginnt.

Die Komplette Modellbahnanlage finanziert sich über die Eintrittsgelder und über Sponsoren, deren Werbeschilder am unteren Teil der Anlage sowie am Eingang angebracht sind. „Die selbstfahrenden Lkws sind ebenfalls von Unternehmen aus der Region gesponsort“, erzählt Martin Krähling. Während ein Lkw zwischen 20 und 40 € kostet, liegt der Umbau zum Selberfahren bei 400 und 500 €. Häuser und Bahnen hat der Verein teils selbst gekauft, aus dem privaten Fundus beigesteuert oder geschenkt bekommen.

Ein Teil der Züge und Häuser bekam der Verein geschenkt. (Bildquelle: Dorda)