Gift erkannt, Gefahr gebannt: Pflanzen im Garten

Viele Pflanzen sind giftig – allerdings sind nur wenige für Menschen wirklich gefährlich. Ob die Giftpflanzen im Garten wachsen sollen, muss jeder selbst entscheiden. Kennen sollten Kinder und Erwachsene sie in jedem Fall.

Der Fingerhut, die große Eibe, die alte Glyzinie und alles, was sonst noch giftig ist, muss aus dem Garten raus. Das beschließt so manche Familie mit kleinen Kindern.

Gärtner und Naturfreunde vertreten oft das andere Extrem. Sie meinen, dass keine Pflanze ausgemerzt werden darf, nur weil sie giftig ist. Nach ihrer Ansicht sollten Kinder lernen, was sie anfassen und essen dürfen. Und was nicht.

Riskant für die Kleinsten

Welche Giftpflanzen-Unfälle passieren hierzulande? Dazu einige Fakten:

  • 10 bis 15 % der Anfragen bei den deutschen Giftnotzentralen entfallen auf Pflanzen. Die meisten Fälle verlaufen leicht bis symptomlos.
  • Etwa 800 Kinder jährlich müssen laut NRW-Gesundheitsministerium wegen einer Pflanzenvergiftung zum Arzt.
  • Bei maximal acht Kindern in NRW pro Jahr verläuft die Vergiftung schwer bis tödlich.

Verglichen mit anderen Vergiftungen durch Medikamente oder Reinigungsmittel sind Unfälle von Kindern mit Giftpflanzen eher selten. Schaut man sich die Zahlen jedoch genauer an, wie es zum Beispiel die Botaniker der Universität Münster in einer Studie gemacht haben, stellt man fest, dass 75 % der Vergiftungen Babys und Kleinkinder bis zu zwei Jahren betreffen. Diese Kinder sind noch viel zu jung, um gelernt zu haben, dass sie Zuckererbsen und Erdbeeren naschen dürfen, grüne Tomaten oder Lupinenschoten aber nicht.

Giftig – was heißt das?

Für den Notfall

Giftnotruf: Für NRW beim Zentrum für Kinderheilkunde der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Tel. (02 28) 1 92 40.

Vorsicht mit Hausmitteln: Geben Sie Ihrem Kind bei Vergiftungsanzeichen niemals Milch. So gelangen fettlösliche Gifte nur um so schneller ins Blut. Lauwarmes Wasser, Tee, Fruchtsirup oder -säfte eignen sich dagegen zur Verdünnung. Versuchen sie niemals mit Salzwasser Erbrechen auszulösen. Wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht klappt, kann das Kind sich daran ebenfalls vergiften.

Hausapotheke: Halten Sie im Medizinschrank einen Entschäumer und Aktivkohle bereit. Beides bekommt man in der Apotheke. Vorgehen und Dosierung sollten im Falle einer Vergiftung beim Giftnotruf erfragt werden.


Manchmal reicht schon ein kurzer Moment ohne elterliche Aufsicht, und Kleinkinder gehen im Garten oder auf dem Hof auf Entdeckungstour. Auch bei größter Sorgfalt können Eltern solche Situationen nicht immer verhindern.

Stopft sich ein Kind vergnügt Beeren, Blüten oder Blätter in den Mund, bedeutet das allerdings nicht gleich Lebensgefahr. Denn viele Pflanzen sind ja gar nicht giftig. Und bei vielen giftigen Pflanzen äußerst sich die Giftwirkung in Form von Mundbrennen oder leichtem Bauchweh. Bei anderen Pflanzen treten erst nach hoher Einnahmedosis starke Beschwerden auf.

Bei der landläufig als extrem gefährlich geltenden Eibe ist das zum Beispiel so: Hauptsächlich die Beeren enthalten das Nervengift Taxin, genauer: die kleinen Kerne, die in der saftig-roten Hülle sitzen. Wird eine Beere am Stück verschluckt, passiert nichts, denn das Gift wird nur frei, wenn der Kern zerkaut wird. Dann aber schmeckt er so widerlich bitter, dass kaum jemand ihn herunterbekommt, geschweige denn einen zweiten probieren wird.

Raus aus dem Spielbereich

Aber es gibt auch in unseren Breiten extrem gefährliche Pflanzen. Für sie gilt, dass:

  • von ihnen 3 bis 5 g als tödliche Dosis reichen
  • ihr Gift leicht zugänglich in verlockenden Beeren, Schoten und Blüten enthalten ist,
  • sie auf Krabbelhöhe wachsen und leicht mit essbarem Obst und Gemüse zu verwechseln sind
  • das Gift manchmal sogar durch die Haut aufgenommen werden kann, wie zum Beispiel bei den Eisenhutarten.

„Extrem gefährlich sind Pflanzen, deren Gift schwer nachzuweisen ist. Denn nur mit so einem Nachweis kann man Maßnahmen gegen eine Vergiftung einleiten“, erklärt Berthold Tempel, beim TÜV Rheinland zuständig für Sicherheit auf Kinderspielplätzen.

Wer giftige Pflanzen in seinem Garten findet und entfernen möchte, sollte beim Herausreißen Handschuhe tragen und die ausgemerzten Pflanzen auf den gut funktionierenden Kompost geben. Beim Rotteprozess wird das Gift abgebaut. Niemals sollte man sie verbrennen, denn im Rauch konzentrieren sich die Gifte.

Nur schauen, nicht kauen

Achtung vor diesen Pflanzen

Ambrosia ist bekannt als Allergienauslöser. Das Gift des Eisenhut kann auch über die Haut in den Körper eindringen. Die Herbstzeitlose ist in allen Pflanzenteilen hochgiftig. An Nachtschattengewächsen sind vor allem Beeren und Wurzeln giftig. Im Oleander finden sich in allen Pflanzenteilen herzwirksame Stoffe. Die Hundspetersilie zählt zu den hochgiftigen Schierlingsarten. Und am Seidelbast sind vor allem die Beeren giftig. Die Beeren der Zaunrübe sind hautschädigend und giftig.


Alle anderen Pflanzen dürfen durchaus im Garten bleiben. Denn ein Bauerngarten ohne Efeu, Buchsbaum und Fingerhut ist nur halb so schön. Und diese Pflanzen sind gut geeignet als Anschauungsmaterial für das, was man als „Risikoerziehung“ bezeichnen könnte.

Verglichen mit der kurzfristig sehr sorgenfreien Alles-Giftige-Raus-Variante ist dies langfristig deutlich sicherer: Denn es wird immer giftige Pflanzen geben, in Gärten von Freunden und Verwandten, an öffentlichen Wegen oder Plätzen, in der natürlichen Landschaft rund ums Dorf. Auch können sich wilde Pflanzen einschleichen, so zum Beispiel das gelbblühende Schöllkraut, das in jeder Pflasterfuge wächst.

Mit kleinen Kindern sollten Eltern trainieren, dass diese nichts pflücken oder essen dürfen, was ihnen nicht ausdrücklich erlaubt wurde. Mit etwas größeren Kinder im Grundschulalter sollte man vereinbaren, dass sie nur das essen, was sie sicher als ungiftig kennen. Sigrid Tinz