Ein sonniger Dienstagmorgen im März. Wir treffen uns mit Sina Leifert in Menden vor dem Braut- und Abendmodengeschäft „Flair“. Sina Leifert (32) ist amtierende Schützenkönigin und auf der Suche nach einem neuen Kleid. Gemeinsam mit ihrem Mann Jonny (26) regiert sie seit dem vergangenen Jahr das Schützenvolk in Sundern-Hellefeld im Hochsauerlandkreis.
„Für mich war es immer ein Traum, Schützenkönigin zu werden“, erzählt die gebürtige Sunderanerin. „Aber ich wollte vorbereitet sein“, fügt sie hinzu. Deshalb hatte sie sich im vergangenen Jahr das Kleid schon vor dem Schützenfest in einem Geschäft in Brilon zurücklegen lassen. „Eigentlich hatte ich keine Vorstellungen, wie das Kleid aussehen sollte. Hauptsache farbig. Als ich aber das weiße Kleid gesehen habe, war direkt klar, dass es das wird“, erinnert sie sich.
In vielen Dörfern im Sauerland ist es üblich, im zweiten Schützenfestjahr eine andere Robe zu tragen. „Das Kleid vom vergangenen Jahr noch einmal anziehen, kommt für mich nicht in Frage“, sagt die gelernte Pferdewirtin, die gemeinsam mit ihrem Mann und dem dreijährigen Sohn auf dem familiengeführten Milchviehbetrieb lebt.
Lila, flieder und dunkelblau
Als Sinas Mutter Martina Keggenhoff (61) da ist, geht es hinein in den Laden. „Hallo! Schön, dass ihr da seid“, begrüßt uns Denise Lohberg, die Tochter der Ladenbesitzerin. „Hast du schon eine Vorstellung vom Kleid?“, fragt sie. „Es soll ,mehr‘ sein als das erste Kleid. Eine Schleppe wäre schön. Und auf jeden Fall Träger, sonst zuppel ich den ganzen Tag nur daran herum“, lacht die 32-Jährige.
„Ich hatte damals ein Kleid ohne Träger“, erinnert sich Sinas Mutter, die vor 35 Jahren Schützenkönigin in Sundern war. Was den Preis angeht, hat sich Sina Leifert ein Limit gesetzt. Denn wie bei Brautkleidern gibt es auch bei Königinnenkleidern Luft nach oben. Gebraucht findet man Kleider schon für wenige hundert Euro. Neue Kleider gibt es auch in der Preisklasse, aber auch für 2000 € und mehr.
Denise Lohberg bittet uns, die Schuhe auszuziehen, damit der Teppich und somit die Kleider sauber bleiben. Sie führt Sina Leifert zu den Königinnenkleidern. Die Auswahl ist groß und bunt. „Man kann gar nicht sagen, was gerade im Trend ist. Spitze, Perlen, Satin, Taft, Tüll – die Hersteller produzieren eigentlich alles“, erzählt die Modefachfrau. Farblich seien immer noch Pastelltöne und Dunkelblau im Trend. „Dieses Jahr sind noch lila und flieder dazu gekommen“, weiß Denise Lohberg.
„Bloß kein rotes Kleid“
Sina Leifert sucht sich vier, fünf Kleider aus. Dann geht es in die Kabine. Von dort aus führt ein kleiner, gut ausgeleuchteter Laufsteg in den Laden hinein. Überall hängen Spiegel. Das erste Kleid ist türkis. Die Schützenkönigin läuft ein paar Schritte, dreht sich, schaut an sich herunter, schaut in den Spiegel. Schnell fällt das Urteil: „Das ist mir zu schlicht. Und die Farbe gefällt mir auch nicht.“
Das nächste Kleid ist apfelgrün. „Das sieht schon cool aus“, sind sich Sina Leifert und ihre Mutter einig. Vor allem, dass das Kleid Taschen an den Seiten hat, gefällt der Königin. „Allerdings ist mir die Schleppe etwas zu lang“, ergänzt sie. „Wir empfehlen immer, dass die Schleppe nicht länger als 1 m sein sollte, sonst wird sie zu schwer und zieht sich beim Laufen zusammen“, sagt Denise Lohberg. Eine kürzere Schleppe lässt sich auch gut hochstecken, damit beim Tanzen niemand drauftritt.
Sina Leifert verschwindet in der Kabine. Kurze Zeit später tritt sie mit einem kräftig roten Kleid auf den Laufsteg. Das Oberteil ist perlenüberzogen, der Rock prinzessinnenhaft aus mehreren Lagen Tüll. Ein kräftiger Kontrast zu den dunklen Haaren. „Die Farbe gefällt mir richtig gut. Mein Mann meinte vorher nur: ,Egal welche Farbe, bloß kein rot‘“, sagt sie lachend. „Aber ohne Träger fühle ich mich unwohl“, fügt sie hinzu. „Die könnte man nachträglich annähnen“, meint die Fachfrau während sie das Kleid zusammen hält.
Angezogen wirkt es anders
Die Schützenkönigin dreht sich vor dem Spiegel, fasst in den Tüll und verschwindet wieder in der Kabine. Das nächste Kleid ist schwarz. „Ist mal was anderes“, meint Sina Leifert kurz und knapp. „Aber für den Sommer möchte ich lieber etwas Buntes haben“, ist sie sich mit sich selbst einig. „Mir gefällt der tiefe Ausschnitt nicht so gut“, ergänzt Martina Keggenhoff.
Anders ist es beim nächsten Kleid. Das pastellgrüne Kleid mit der Spitze am Oberteil und Tüll am Rock hat einen dezenteren Ausschnitt. „Mit diesen Trägern fühle ich mich deutlich sicherer“, so die Schützenkönigin. „Und die Farbe sieht angezogen viel besser aus als auf dem Bügel“, gibt sie zu.
Ob sie dieses Kleid für Schützenfest ausgesucht hat? Oder eins der anderen? Oder vielleicht ein ganz anderes? Das verrät sie nicht. Schließlich soll es eine Überraschung für die Leute an der Straße sein, wenn sie sich den Festzug anschauen.
Und was ist mit ihrem Mann? „Der darf das Kleid vorher auch nicht sehen, obwohl er schon neugierig ist“, erzählt sie lachend. Da muss er sich wohl noch bis Ende Juni zum Schützenfest gedulden.
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