Wochenblatt-Leserin Angelika N. in M. fragt: Unser Wald (17 ha) grenzt an eine Landstraße, zudem führen einige Wanderwege hindurch. Kann ich die Sichtkontrolle zwecks Verkehrssicherheit selbst durchführen oder muss ich eine fachlich qualifizierte Person beauftragen?
Heinrich Barkmeyer von Wald und Holz NRW nimmt Stellung: Als private:r Waldbesitzer:in sind Sie nach der Rechtsprechung selbst befugt, Ihre Baumbestände regelmäßig zu kontrollieren, um der Ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.
Waldbesitzer kann selbst kontrollieren
Sie brauchen also nicht eine entsprechend qualifizierte Person, etwa einen ausgebildeten Baumkontrolleur oder jemandem mit einer forstlichen Ausbildung als Förster oder Forstwirt, damit zu beauftragen. Auch gibt es keine gesetzlichen Regelungen, die einem privaten Waldbesitzer auferlegen, zur Erfüllung seiner Verkehrssicherungspflicht spezielle Fachkenntnisse zur Erkennung von Gefahrensituationen an Bäumen zu erlangen.
Die ständige Rechtsprechung legt dabei als Maßstab den verständigen und umsichtigen, in vernünftigen Grenzen vorsichtigen Menschen zugrunde. Als Eigentümer eines 17 ha großen Bestandes – wie Sie angeben – werden Sie hinreichende Erfahrung haben, wann von einem Baum Gefahren für fremde Rechtsgüter ausgehen können.
Sichtkontrolle reicht
Hierbei reicht die äußere Sichtkontrolle aus, die idealerweise in einem Intervall von 18 Monaten, also im belaubten und nicht belaubten Zustand der Bäume, erfolgen sollte. Werden hierbei Schadsymptome, etwa durch Fäulnisbildung, hohen Totholzanteil oder verlichtete Kronen, sichtbar, bedarf es einer eingehenderen Kontrolle. Notfalls wird der Baum zur Vorbeugung eines möglichen Schadensfalls insgesamt entnommen.
Keine Verkehrssicherungspflicht im Bestand
Die Verkehrssicherungspflicht bezieht sich aber nicht auf alle Bereiche Ihres Bestandes. So besteht sie nicht im Bestand. Selbst wenn Ihr Waldgrundstück, wie geschildert, von Wanderwegen durchzogen wird, besteht auch entlang der Wege keine Verkehrssicherungspflicht. Der Erholungssuchende begibt sich vielmehr auf eigene Gefahr in Ihren Wald.
Eine Ausnahme kann gelten, wenn Sie besondere Erholungseinrichtungen wie zum Beispiel Ruhebänke aufgestellt haben, die einen Anreiz geben, dort zu verweilen. Hier sollten Sie im räumlichen Einflussbereich solcher Einrichtungen darauf achten, dass von den angrenzenden Bäumen keine erkennbare Gefahr ausgeht.
Entlang der Landstraße kontrollieren
Entlang der Landstraße verhält es sich anderes. Dort ist die Verkehrssicherungspflicht gegeben. Sollten die Sichtkontrollen nicht bereits vom Straßenbaulastträger durchgeführt werden, was im Bereich außerhalb des Straßenkörpers in der Regel nicht der Fall ist, so trifft Sie die Verpflichtung als Waldbesitzer, Ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen.
Ihre Befugnis, die Kontrollen selbst durchzuführen, heißt aber nicht, dass Sie diese nicht durch Dritte vornehmen lassen können. Sie können vielmehr diese Aufgabe auf andere Personen übertragen. Dabei sind allerdings klare, nach Möglichkeit schriftliche Absprachen und Vereinbarungen mit dem Dritten zu empfehlen, was dessen Aufgaben und Pflichten im Rahmen der Kontrolle betrifft.
Auch Dritte können beauftragt werden
Ihre eigene Verkehrssicherungspflicht wandelt sich dann in eine Kontroll- und Überwachungspflicht um. Handelt es sich bei dem Dritten um eine besonders qualifizierte Person mit entsprechender Kontrollausbildung, so reduziert sich Ihre Kontroll- und Überwachungspflicht gegen null.
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(Folge 35-2022)