Wochenblatt-Leser Moritz P. fragt: Der Weg zu meiner Wiese gehört der Stadt. Dieser führt an einem Bachlauf entlang. Das Wasser hat einen Teil des Weges zerstört, sodass ich ihn nicht benutzen kann. Die Stadt rührt sich nicht. Kann ich die Stadt verpflichten, den Weg zeitnah wieder herzurichten? Wie kann ich derweil zu meinem Land gelangen? Ich könnte einen Radweg benutzen, dazu müsste ich einen Entwässerungsgraben überqueren. Darf ich Rohre verlegen und eine Überfahrt schaffen?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, antwortet: Soweit es sich bei der von Ihnen geschilderten Straße, welche als Zuwegung zu dem von Ihnen bewirtschafteten Grundstück dient, um eine Gemeindestraße handelt, obliegt die Unterhaltung und auch die Verkehrssicherungspflicht der zuständigen Kommune. Nach dem Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) sind die Straßen so zu unterhalten, dass sie den Erfordernissen der Sicherheit und Ordnung genügen. Nach ständiger Rechtsprechung ist aber auch der grundsätzlich bestehende Anliegergebrauch an der Straße in der Weise begrenzt, dass Maßnahmen, welche die Nutzung einschränken (z. B. Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten), zu dulden sind. Aus dem Anliegergebrauch heraus ergeben sich aber auch Rücksichtnahmepflichten der Kommune dahingehend, dass dieser Gebrauch nicht mehr als erforderlich eingeschränkt werden darf. Hierzu zählt auch, dass Bauvorhaben so zu planen und der Bauablauf so zu koordinieren sind, dass bei den Arbeiten keine vermeidbaren Verzögerungen eintreten. Unter diesen Voraussetzungen muss ein Anlieger Beeinträchtigungen – hierzu zählen nach der Rechtsprechung sogar auch Umsatzrückgänge von Gewerbetreibenden über mehrere Monate – entschädigungslos hinnehmen. Nur wenn die infolge der beeinträchtigten Zuwegungen eingetretenen Folgen für den Anlieger so erheblich sind, dass sie ihm nicht zugemutet werden können, ist ein Entschädigungsanspruch wegen rechtswidrigem, enteignungsgleichem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegeben. Die Zumutbarkeitsgrenze ist dann überschritten, wenn ein Betrieb infolge der Beeinträchtigungen durch Bauarbeiten an einer Zuwegung in seiner Existenz gefährdet ist. Ob diese Voraussetzungen in Ihrem Fall gegeben sind, lässt sich anhand Ihrer Schilderung von hier aus nicht abschließend beurteilen.
Anspruch auf Notwegerecht
Soweit Ihr Grundstück nicht anderweitig über öffentliche Straßen oder Wege zu erreichen ist, kann Ihnen ein sogenanntes Notwegerecht zustehen, welches dazu berechtigt, private Grundstücke Dritter als Zufahrt zu nutzen. Sofern Ihnen hierzu nicht das Einverständnis erklärt wird, dürfen Sie das betreffende Grundstück ohne Weiteres nicht benutzen, sondern müssen den Anspruch auf Gewährung eines Notwegerechtes gerichtlich geltend machen. Das Gericht prüft in diesem Verfahren, ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen für ein Notwegerecht vorliegen. Sofern ein Notwegerecht besteht, müssen von dem Berechtigten aber auch die Kosten, u. a. für die Unterhaltung des Notweges oder Instandsetzungskosten, nach Beendigung der Benutzung, getragen werden. Darüber hinaus hat der Grundstückseigentümer gegenüber dem Notwegeberechtigten einen Anspruch auf Zahlung einer Geldrente, welche sich der Höhe nach bemisst anhand der Einschränkungen, die dem Grundstückseigentümer aufgrund des Notwegerechtes entstehen und sich damit an der Minderung des Verkehrswertes orientieren. Im Zweifel wird die Höhe der zu zahlenden Geldrente im gerichtlichen Verfahren durch einen Sachverständigen festgesetzt.
Die Verrohrung eines Grabens darf nur von dem Gewässerunterhaltungspflichtigen bzw. dem Eigentümer vorgenommen werden. Eine solche Verrohrung bedarf aber stets einer wasserrechtlichen Genehmigung durch die zuständige Untere Wasserbehörde.
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(Folge 10-2024)