Wochenblatt-Leser Franz K. in P. fragt: Neben meinem Acker entsteht ein Wohngebiet. Der Bebauungsplan ist erstellt. Es gibt bereits eine Straße, die 1 m höher liegt als mein Acker. Ich gehe davon aus, dass das gesamte Niveau des Wohngebiets 1 m höher als mein Acker liegt. Ich befürchte, dass das Oberflächenwasser auf meinen Acker fließt. Wie ist die Rechtslage?
Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt, WLV, nimmt Stellung: Soweit durch abfließendes Niederschlagswasser von der durch das Wohngebiet verlaufenden Straße auf Ihrem angrenzenden Ackergrundstück Schäden entstehen sollten, könnte grundsätzlich ein Anspruch auf Beseitigung dieser eingetretenen Störung oder auch ein Anspruch auf Ersatz des Ihnen dadurch entstandenen Schadens gegeben sein.
Beeinträchtigung durch Anspruchgegner
Dieses setzt allerdings voraus, dass die abzuwendende Beeinträchtigung nicht ausschließlich auf Naturkräfte zurückzuführen ist und damit die durch Naturereignisse ausgelöste Störung durch eine Handlung oder Unterlassung des Anspruchsgegners, hier also der Kommune, herbeigeführt worden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Anlieger eines hangabwärts gelegenen Grundstückes grundsätzlich hinnehmen, dass dieses durch die natürliche Gefällelage durch abfließendes Niederschlagswasser stärker beeinträchtigt wird als andere Grundstücke. Eine auf eine nicht fachgerecht ausgeführte Straßenbaumaßnahmen beruhende zusätzliche Belastung muss ein Eigentümer hingegen aber nicht dulden.
Regeln der Straßenbautechnik und der Wasserwirtschaft beachten
Soweit es um die Planung und den Bau von Straßen geht, hat der Träger der Straßenbaulast, welche hier der Kommune obliegt, die anerkannten Regeln der Straßenbautechnik und der Wasserwirtschaft zu beachten. Zu diesen gehören auch die Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers. Danach darf der Eigentümer eines Grundstückes den Ablauf wild abfließenden Wassers nicht künstlich so verändern, dass tiefer liegende Grundstücke beeinträchtigt werden.
Eine Straßenbaumaßnahme, die für tiefer liegende Grundstücke die Gefahr einer Überschwemmung mit nicht unerheblichen Schadensfolgen begründet, entspricht daher nicht den anerkannten Regeln der Technik. Vielmehr ist mit der Straßenbaulast auch die Verpflichtung verbunden, das Regenwasser, welches unmittelbar auf den Straßenkörper auftritt, ordnungsgemäß abzuleiten und dieses durch eine ordnungsgemäße Entwässerungsplanung sicherzustellen.
Landwirt muss fehlerhafte Bauarbeiten beweisen
Für den Fall, dass Ihr Ackergrundstück zukünftig durch Überschwemmungen beeinträchtigt wird, müssten Sie als Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung von Unterlassungs- bzw. Schadenersatzansprüchen darlegen und gegebenenfalls beweisen können, dass der natürliche Abflusszustand durch den Bau der Straße zu Ihrem Nachteil verändert worden ist und die Entwässerungsplanung für die neuangelegte Straße bzw. die Bauausführung nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
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(Folge 21-2023)