Wochenblatt-Leser Rainer N. fragt: Bisher wurden die Schützenkönigspaare in drei Kutschen durchs Dorf gefahren. Die Kutschen stehen nicht mehr zur Verfügung. Deshalb wollen wir nun einen Anhänger mit Auflaufbremse umbauen. Die Geschwindigkeit im Umzug würde 6 km/h nicht überschreiten. Ist die Auflaufbremse ausreichend und wäre der Wagen über den Schützenverein versichert?
Martin Vaupel, Verkehrsexperte, LWK Niedersachsen, antwortet: Für alle Fahrzeuge, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, gelten grundsätzlich die einschlägigen Regelungen des Straßenverkehrsrechts – insbesondere die Vorschriften der StVZO und StVO. Es sind jedoch unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von den genannten Vorschriften möglich. Die Fahrzeugnutzung im Rahmen sogenannter Brauchtumsveranstaltungen fällt darunter. Der Schützenumzug ist in der Regel eine Brauchtumsveranstaltung, da diese von der Gemeinde/Stadt meistens auch als solche genehmigt wird.
Da es nun vielfältige Brauchtumsveranstaltungen gibt, bei denen verschiedenste Fahrzeuge zum Einsatz kommen, hat das Verkehrsministerium im Jahr 2000 ein Merkblatt für die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen für den Einsatz bei Brauchtumsveranstaltungen herausgegeben. Das „Merkblatt für Brauchtumsfahrten“ soll eine bundesweit einheitliche Verfahrensweise bei der Begutachtung der im Rahmen der Ausnahmeregelung eingesetzten Fahrzeuge sicherstellen und Betreibern Hinweise für den sicheren Betrieb liefern.
Sachverständiger muss begutachten
Das Merkblatt weist darauf hin, dass Fahrzeuge, auf denen Personen befördert werden, von einem amtlich anerkannten Sachverständigen (z. B. TÜV, Dekra etc.) begutachtet werden müssen. Das gilt auch für ihren geplanten Schützenfestwagen. Tipp: Bei einem Vor-Ort-Termin kann der Sachverständige im Vorfeld Tipps zum Umbau geben.
Da es sich vermutlich um einen zweiachsigen Anhänger handelt, ist nach § 41 Absatz 9 StVZO eine Bremsanlage (inklusive Feststellbremse) am Anhänger erforderlich. In dem genannten „Merkblatt für Brauchtumsfahrten“ sind unter Punkt 2.1 jedoch Abweichungen möglich, sofern ein amtlich anerkannter Sachverständiger die Ausnahme befürwortet und die zuständige Stelle eine Genehmigung erteilt.
Nach § 41 Absatz 10 sind Auflaufbremsen nur bei Anhängern mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 8 t und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h zulässig. Wirkt die Auflaufbremse auf alle Räder, kann die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit bis zu 40 km/h betragen.
Unter Punkt 3.2 des „Merkblattes für Brauchtumsfahrten“ ist beschrieben, dass für jedes der eingesetzten Fahrzeuge eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bestehen muss. Sie muss Schäden abdecken, die im Rahmen der Brauchtumsfahrt auftreten können. Eine zusätzliche Versicherung für die Personenbeförderung ist empfehlenswert.
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(Folge 23-2023)