Wochenblatt-Leser Helmut F. aus P. hat Grünland verpachtet. Auf der Grenze zum Nachbargrundstück, ebenfalls Grünland, steht ein Zaun. Der Pächter hat nun die Fläche umbrochen. Muss der Weidezaun zurückgesetzt werden, damit der Pächter den Acker bis zur Grenze nutzen kann?
Heinrich Barkmeyer, Nachbarrechtsexperte von Wald und Holz NRW, antwortet: Das Nachbarrechtsgesetz NRW sieht vor, dass die Einfriedigung von der Grenze eines Grundstücks, das außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und nicht in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt ist, 0,5 m zurückbleiben muss. Dies gilt nicht unter anderem gegenüber Grundstücken, die in gleicher Weise wie das einzufriedigende bewirtschaftet werden (§ 36 Abs. 2 NachbG NRW).
Kein Grenzabstand bei gleichartiger Bewirtschaftung
Haben Sie bzw. der Pächter den Zaun gebaut, so brauchten Sie bereits wegen der Gleichartigkeit der Bewirtschaftung keinen Grenzabstand einzuhalten. Gleiches gilt, falls Ihr Nachbar den Zaun gebaut hat. Erst recht gilt dies in der dritten Variante, dann nämlich, wenn der Zaun von beiden Nachbarn errichtet worden ist. Weil Ihr Zaun offensichtlich auf der Grenze steht, könnte das für eine gemeinsame Errichtung sprechen.
Wurde der Zaun nur von einem Nachbarn gebaut, so sieht das Gesetz seinen Standort entlang der Grenze auf dem eigenen Grundstück vor. Bei einer gemeinsamen Errichtung haben sich die Nachbarn aber gerade auf einen bestimmten Standort des Zaunes geeinigt, sodass sich jeder auch später darauf berufen kann. Ihre Anfrage gibt auf eine solche Vereinbarung, die in der Praxis eher unüblich ist, keine Hinweise.
Einhaltung Grenzabstand wäre unbillig
Wenn es Ihnen nun darum geht, ob der Zaun wegen der Nutzung als Acker 0,5 m auf die Grünlandfläche des Nachbarn zurückgesetzt werden muss, stellt sich diese Frage demnach nur noch, wenn Ihr Nachbar den Zaun gebaut hat. Denn nur in diesem Fall ist zu klären, ob er mit dem Zaun nun nachträglich einen Grenzabstand gegenüber Ihrer Fläche einhalten muss. Eine solche Verpflichtung Ihres Nachbarn muss man verneinen. Das scheitert schon daran, dass der Zaun damals rechtmäßig errichtet worden ist. Die überwiegende Meinung in der Literatur vertritt die Ansicht, dass es wegen dieser Rechtmäßigkeit bereits im Grundsatz unbillig wäre, von demjenigen, der den Zaun gebaut hat, die nachträgliche Einhaltung eines Grenzabstandes zu verlangen.
Zaunersatz an gleicher Stelle
Der Zaun kann also da bleiben, wo er jetzt steht. Streit über den Standort könnte erst dann wieder entflammen, wenn Ihr Nachbar den alten Zaun durch einen neuen ersetzen will. Aber auch in diesem Fall könnte er sich auf die Gleichartigkeit der Bewirtschaftung berufen. Leider gibt es bisher keine ständige Rechtsprechung darüber, wie dieser unbestimmte Rechtsbegriff der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Fläche in gleicher Weise auszulegen ist. Anerkannt ist lediglich, dass jedenfalls keine exakt gleiche, sondern eine im Wesentlichen gleichartige Nutzung ausreichend ist.
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(Folge 13-2022)