Wochenblatt-Leser Hubertus V. in G.fragt: Unsere Wasserversorgung mit eigenem Brunnenwasser führt über das Grundstück des Nachbarn. Das haben unsere Väter mündlich so geregelt. Nun will der Nachbar die Absprache kündigen. Grundbuchlich wurde nichts eingetragen. Die städtische Wasserversorgung ist etwa 150 m entfernt. Wie ist die Rechtslage?
Rechtsanwalt Thomas Hemmelgarn vom WLV informiert: Mündliche oder schriftliche Vereinbarungen wirken nur für oder gegen die jeweils vertragsschließenden Parteien. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Vereinbarungen im Rahmen einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch des jeweils belasteten Grundstückes eingetragen wären.
Grunddienstbarkeit im Grundbuch
Eine solche Grunddienstbarkeit verpflichtet auch im Falle eines Eigentümerwechsels den jeweiligen neuen Eigentümer zur Erfüllung der sich aus der Grunddienstbarkeit ergebenden Verpflichtungen. Eine solche Grunddienstbarkeit liegt in Ihrem Falle aber eben nicht vor. Daher besteht auch kein vertraglicher Anspruch auf Duldung der Wasserleitung gegenüber Ihrem Nachbarn.
Notleitungsrecht?
In Betracht kommen könnte allerdings ein gegenüber Ihrem Nachbarn geltend zu machendes Notleitungsrecht. Allerdings werden an die Prüfung der Voraussetzungen, ob einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung fehlt, sehr strenge Maßstäbe angelegt.
So liegt etwa nach ständiger Rechtsprechung dann keine Notwendigkeit der Benutzung des Nachbargrundstückes vor, wenn ausreichender anderweitiger Zugang zum öffentlichen Kanalnetz gegeben ist, auch wenn dieser für den Grundstückseigentümer umständlicher oder teurer ist. Da in Ihrem Fall die Entfernung zur städtischen Wasserversorgungsleitung nur rund 150 m beträgt, dürfte die Geltendmachung eines Notleitungsrechtes wohl nicht durchsetzbar sein.
Verpflichtet durch die Behörde?
Schließlich kann aber auch die zuständige Behörde, in der Regel die Untere Wasserbehörde, den Eigentümer eines Grundstückes nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden. Eine solche Verpflichtung kann die Behörde aber nur aussprechen, wenn die Anlagen zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken bzw. zur Wasserversorgung dienen, was in Ihrem Fall ja zutrifft.
Allerdings muss die Verpflichtung zur Duldung erforderlich und damit verhältnismäßig sein. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob eine Alternative zu dem Zwangsrecht in Betracht kommt, die ohne Inanspruchnahme des Eigentums Ihres Nachbarn durchführbar ist. Die Behörde muss also abwägen zwischen dem vom Vorhaben objektiv zu erwartenden Nutzen und dem Nachteil für Ihren Nachbarn.
Behörde muss abwägen
Hierbei kann es zum einen eine Rolle spielen, dass bereits eine Leitung im Grundstück vorhanden ist, und zum anderen, dass die ursprünglich vertraglich vereinbarte Nutzungsmöglichkeit inzwischen hinfällig ist.
Am besten wenden Sie sich an die Untere Wasserbehörde, um die Angelegenheit zu erörtern. Hilfe können Sie sich dabei bei der Geschäftsstelle Ihres Landwirtschaftlichen Kreisverbandes holen.
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(Folge 24-2022)