Wochenblatt-Leserin Ella L. fragt: Ich habe vor 13 Jahren meinem Sohn ein Gebäude übertragen und erhielt das im Grundbuch eingetragene Nießbrauchsrecht. Das Gebäude hat mein Sohn vermietet. Die (niedrige) Miete bekam ich. Nun will mein Sohn das Gebäude zu einem höheren Preis neu vermieten. Steht mir ein Teil der neuen Miete zu? Welchen Anspruch hätte ich bei einem Verkauf? Könnte ich dem Verkauf widersprechen?
Sonja Friedemann, Rechtsanwältin, WLV, antwortet: Durch die Übertragung eines Grundstückes mit Gebäude auf Ihren Sohn haben Sie vor 13 Jahren das Eigentum hieran abgegeben. Offensichtlich ist für Sie im Grundbuch ein Nießbrauchsrecht eingetragen worden. Dieses Nießbrauchsrecht versetzt Sie in die Lage, die Nutznießungen zu generieren. Konkret darf der Nießbrauchsrechtsinhaber Rechte an dem Gegenstand wahrnehmen, nämlich: das Recht auf Nutzung, das Recht auf Fruchtziehung, nicht aber das Recht auf Verfügung. Das bloße Eigentum bleibt also vom eingeräumten Nießbrauchsrecht unberührt.
Nießbrauchsrecht und Vermietung
Unter das Recht auf Fruchtziehung fällt bei einer Immobilie auch das grundsätzliche Recht, diese zu vermieten. Soll das Gebäude nun zu einem höheren Mietpreis vermietet werden, so würde Ihnen auch die höhere Miete vollständig zustehen. Im Gegenzug übernehmen Sie die mit dem Nießbrauchsrecht verbundenen Pflichten, wie die Zahlung der öffentlichen Abgaben oder die Verpflichtung, das Gebäude zu erhalten und den wirtschaftlichen Bestand zu wahren, also gegebenenfalls zu reparieren.
Nießbrauchsrecht und Verkauf
Der Verkauf dagegen ist Ausdruck des Eigentumsrechts und kann ausschließlich vom Eigentümer vorgenommen werden. Sie könnten dem Verkauf als solches auch nicht widersprechen. Allerdings kann der Eigentümer den Verkauf des Gebäudes nur mit dem Nießbrauchsrecht als Belastung weitergeben. Genau für diesen Zweck ist das Nießbrauchsrecht im Grundbuch eingetragen, damit der Käufer von dem bestehenden Recht Kenntnis zu nehmen hat. In der Praxis ist ein Verkauf des Gebäudes daher (ohne Ihre Zustimmung) in der Regel nicht möglich. Denn die Käufer sind nicht bereit, etwaige Nießbrauchsrechte so einfach zu übernehmen. Verkäufe solcher Grundstücke finden deshalb in der Regel nur statt, wenn das Nießbrauchsrecht gegen Zahlung einer Entschädigung einvernehmlich beendet wird.
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(Folge 22-2023)